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nur das Weniger-als-Verstand, sondern auch noch das Mehr-als-Versland und
hielten es für selbstverständlich, mit dem Verfasser des Buches Hiob (Kap. 33, i5
u. 16) zu bekennen: „Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die
Leute fällt, wenn sie schlafen auf dem Bette, da öffnet Gott das Ohr der
Leute." Das war auch die Auffassung von Plalo, Aristoteles und allen groß »n
Geistern des griechischen und römischen Altertums, sowie des Mittelalters.
Und sie wird auch heute noch von weiten Kreisen geteilt, allerdings meist nur
insgeheim, offen nur von solchen, die den Mut haben, sich auch gegenüber
einem widerstrebenden Zeitgeist und einer ablehnenden Wissenschaft zu den
Tatsachen ihres seelischen Erlebens zu bekennen. Man braucht nur in vertrauter
Gesellschaft oder auf Reisen einmal versuchsweise das Gespräch auf Träume
zu bringen, um in kürzester Zeit mit Staunen zu sehen, was da aus den unterschiedlichsten
geistigen Geheimschatullen alles herauskommt, wenn durch das
Vertrauen erst einmal die Sicherungen abgeschmolzen sind und der stereotype
Satz sich vorsichtig tastend von den unsicheren Lippen gelöst hat: „Ich
glaube zwar nicht an solche Dinge, aber ein- oder zweimal in meinem Leben
ist es mir doch vorgekommen .. Es ist eben eine elementare, sich immer
nieder aufdrängende und darum nicht aus der Welt zu disputierende Tatsache,
daß das Geistesleben nicht bloß fein säuberlich und korrekt an den Leitungsdrähten
unserer Nerven auf und nieder tanzt, aus unserer Hirnbatterie heraus
und in sie hinein, sondern daß ps auch drahtlos und freischwebend auf Reisen
geht und nicht bloß da, wo es irgendwo einmal zufällig auf einen korrespondierenden
Empfänger trifft, entsprechende Wirkungen auslöst, deren Ursache
meist unerkannt bleibt, sondern auch zielstrebige Botengänge und Forschungsreisen
anzutreten vermag, die deshalb nicht auch zugleich zweckmäßigi
im bewußten Sinn zu sein brauchen, obwohl sie es sein können (vgl. die Ausführungen
in meinem Buche: ,,Ewiges Schweigen?" S. 97 ff.). Die Haupt-
vorrussetzung der Aktivierung dieses freischwingenden Geisteslebens ist immer
eine Um dämmer ung oder Hemmung 41ns eres Bewußtseins und seine hauptsächlichste
Erscheinungsform ist der Traum. Seine Reichweite ist zeitlich und räumlich
nicht an die Grenzen unssres Sinnenbewußtseins gebunden. Die Sprache,
in der es mit uns spricht, ist nur selten das direkte Wort. Oft ist sie nur
ein vages Gefühl oder eine xUinung, manchmal ein deutliches Bild, meist ein
Symbol. Am rätselhaftesten daran ist das häufige Auftreten eines „Führers*,
einer auch bei mediumistischen Versuchen beobachteten sehr problematischen
Erscheinung.

Es ist nicht meine Absicht, hier in eine allgemeine Erörterung des freischwebenden
Geisteslebens, ini besonderen des Traumproblems, einzutreten.
Ich möchte heute bloß aus meiner Traumsammlung die parapsychologisch
bedeutsamen Träume einer im Sommer 1925 in Göppingen verstorbenen
Frau W. und eines Lehrers mitteilen, die ich nicht ohne einige allgemeinei
Vorbemerkungen in den Druck geben wollte. Die Frau war mir gut bekannt
und hat mir ihre Träume schon vor 18 bis 20 Jahren erzählt. Sie war geistig
stets sehr lebendig und hatte in ihrer Jugend manches in der Welt gesehen.
Ein bis zwei Jahre vor ihrem im Alter von 83 Jahren erfolgten Tod brache«
ihre Geisteskräfte allmählich in sich zusammen, so daß sie am Schluß ihres
Lebens fast vollkommen verblödet war. Zur Zeit, als sie mir ihre Träume
und visionären Erlebnisse erzählte, war sie geistig durchaus auf der Höhe,
von auffallender Sachlichkeit und ohne Neigung zu irgendeiner Art von Schwär-


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