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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0169
Krall: Denkübertragung zwischen Mensch und Tier.

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Schon im Herbst 190/1, als die Anteilnahme am „Klugen-Hans"-Problem auf
ihrem Gipfelpunkt stand, wurden die verschiedenartigsten Möglichkeiten zur
Erklärung seiner Leistungen herangezogen.

So wurde damals schon die Vermutung laut, die überraschenden Antworten
müßten auf „Gedankenübertragung", auf telepathischen Einflüssen
beruhen, eine Ansicht, die bei der großen Zahl von Anhängern dieser
Hypothese kaum wundernehmen kann.

Aber derartige Behauptungen, die durch keinerlei Beweise gestützt waren,
schwebten völlig in der Luft, waren unbewiesen genau so wie die Annahme
einer Beeinflussung durch Wärmestrahlen (Moll) oder andere phantastische
und unbewiesene „Erklärungen".

Zwar berichtet 0. Pfungst, daß man Hans für einen „Gedankenleser
ä la Cumberland*' hielt*); aber das Pferd mit einem solchen zu vergleichen
, war völlig irreführend. Der „Gedankenleser" Cumberland arbeitete
hauptsächlich an Hand der leisen Muskelbewegungen (Innervationen) der von
ihm am Handgelenk angefaßten Personen, die ihn zu dem gedachten Orte hinleiteten
, erriet also mittelst des Tastsinnes. Nur in einem Punkt hätte dev
unzutreffende Vergleich gestimmt, als diese „Hilfen" bei beiden als „unwillkürliche
" bezeichnet wurden.

Da bei dem Plcrde keinerlei Berührungen stattfanden, somit der Tastsinn
ausschied, ferner auch durch die Scheuklappe der optische Sinn ausgeschaltet
war, so blieb für mich die Frage nach der Ursache zunächst offen. Die Sache
selbst war mir ein Rätsel.

Der alte Lehrmeister Herr v. 0. — war felsenfest überzeugt, daß es
sich bei diesen Versuchen mit „Stillem Sprechen" nur um eine Uebermittlung
durch Schallwellen handeln könne, die zwar dem menschlichen Ohr ihrer
Lautschwäche wegen unvernehmbar blieben, von dem „bedeutend schärferen* Gehör
des Pferdes aber noch vernommen würden. Es muß als ausgeschlossen gelten,
daß er selbst jemals Versuche angestellt hätte, die irgendwie mit „Telepathie
" zusammenhingen. Seine starke Einseitigkeit, an dem einmal Errungenen
festzuhalten ohne sich je weiter zu wagen, seine Kämpfe gerade für
die Denkfähigkeit des Tieres sprachen gegen die Vornahme solcher ihm

ratlos machte, dann aber gerade auf den Weg der unwillkürlichen Hilfen
hinwies, auf dem dann schließlich auch des Rätsels Lösung gefunden wurde."

Die Gewöhnung des Pferdes an die große Scheuklappe hatte schon im
Frühjahr 1905 die Pfungst'sche Hypothese von den optischen „Unwillkürlichen
Hilfen" vollständig erledigt/ Bemerkenswert ist, daß die Wissenschaft fast
ausnahmslos — trotz aller Gegenbeweise — bei dieser Pfungstschen Hypothese
bis heute stehengeblieben ist

') „Man hat nach der Veröffentlichung des Dezember-Gutachtens — berichtet
Pfungst — den Hengst vielfach als einen Gedankenleser par excellence gefeiert
und dabei — nicht zum erstenmal — überhaupt von einem Gedankenlesen
der Tiere gesprochen. Man hat damit sagen wollen, daß viele unserer
Haustiere, gleich dem menschlichen Gedankenleser (ä la Cumberland), aus kleinen
unwillkürlichen Zeichen ihres Herrn dessen Gedanken erraten."
Auch Dir. Heck (Westerm. Monatsh. Nr. 596, 1906, S. 202) berichtet: „Der Kluge
Hans ist eine Art Cumberland, eine Art Gedankenleserunterden Pferden
, wie ihn Dr. Moll bei einer Besprechung in der Psychologischen Gesellschaft
sehr treffend genannt hat."

Ich (K.) bin der Ansicht, daß man im allgemeinen bei diesem „Gedankenlesen
der Tiere" nicht ein „Erraten aus unwillkürlichen Zeichen", sondern eine wirkliche
Denkübertragung (Telepathie) angenommen hat.


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