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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0171
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So begann ich denn, mich eingehend mit der vielgerühmten Hypothese des
„Unwillkürlichen F1 ü s t e r n s" zu beschäftigen, die ja auch von Prof.
Stumpf zunächst zur Erklärung des Phänomens herangezogen worden war.
Bei dem Studium dieser Arbeit von Hansen-Lehmann1) ergaben sich aber
so auffallende Widersprüche, daß es mir zur Aufklärung des vorliegenden Falles
unerläßlich erschien, die Ergebnisse und Folgerungen dieser Arbeit theoretisch
wie experimentell eingehend nachzuprüfen.

Ich sagte mir, daß sich bei einer solchen, gewissenhaft und sorgfältig vorgenommenen
Prüfung ein bestimmtes Resultat ergeben müsse, ob beim „Stillen
Sprechen" irgendeine akustische Einwirkung auf das Pferd stattfinden
könnte oder nicht.

Aus meinen Experimenten mit den Hohl- und Lippenspiegeln, auf die ich
hier verweisen muß,2) ergab sich nun unzweifelhaft, daß bei uns (Busse,
mir und anderen) kein noch so leises Flüstern, keine artikulierte Lautüber-
mitllung irgendwelcher Art bei geschlossenem Munde in Frage kam. Damit
mußte als sicher erwiesen gelten, daß auch bei den Versuchen
mit „Stillem Sprechen" keinerlei akustische Einwirkung
aufdas Pferd stattgefunden hatte.

Da ferner die angewandte Scheuklappe mit dem dichten Schutztuch
o p l i s c h e Wahrnehmungen seitens des Pferdes vollkommen ausschloß, so war
ferner als zweifellos anzunehmen: eine Uebermittlung konnte weder durch das
Auge noch durch das Ohr des Pferdes erfolgen. Seh- und Gehörsinn
kamen für die Uebermittlung nicht in Betracht.

Ebenso verhielt es sich, da keinerlei Berührung stattgefunden hatte, mit
dem Tastsinn. Daß aber duich Vermittlung des Gemeingefühls, ohne
Berührung, also etwa durch Luft- oder Wärmewellen oder ähnliche Einflüsse
, auf 11/2 bis 2 Meter hin eine „Uebertragung" stattfinden könnte, durch
die alle diese verschiedenen Prägen und Befehle hätten übermittelt werden
müssen, 3as übersteigt nicht nur gänzlich unser Vorstellungsvermögen in
bezug auf physikalische Möglichkeiten (was schließlich nichts besagen will),
sondern es gibt bisher kein Beispiel für eine solche Uebermittlung. Aus dem
gleichen Grunde müssen wir die Möglichkeit einer Uebertragung durch den
Geruch- oder Geschmacksinn abreisen, worauf schon früher hingewiesen
wurde. (Z. f. P. 1936, S. 644«)

Somit gelangen wir zu der Annahme, daß bei diesem ,,Stillen Sprechen"
pine Uebertragung auf den bekannte n Sinneswegen als ausgeschlossen
gelten muß: es bleibt nur die Möglichkeit einer Uebertragung
auf außer sinnlichem Wege.

Eine Erklärung durch einen unbekannten, sog. „sechsten Sinn" würde
selbst bei der äußerst geringen Kenntnis, die wir einstweilen von der „reinen"
Denkübertragung haben, nur ein unbekanntes „Y" an die Stelle eines unbekannten
„X" setzen, wäre also wissenschaftlich wertlos.

*) F. C. C. Hansen und Alfr. Lehmann, Ueber Unwillkürliches Flüstern. Eine
kritische und experimentelle Untersuchung der sogenannten Gedankenübertragung.
In Wundts „Philosophischen Studien", Bd. XI, 1895.

0 Karl Krall, Ueber Unwillkürliches Flüstern. Eine kritische und experimentelle
Nachprüfung der Hansen-Lehmannschen Versuche. Leipzig 1926, bei Oswald Mutze.


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