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Gabriele v. Rochow: Ein merkwürdiges parapsychisches Phänomen. 167
Und was geschah?
In einer Nacht, bald nach seinem Tode, erwachte ich plötzlich, weil ich
hörte, daß meine Schlaf zimmerlür — die ich abends stets abschließe — sich
öffnete und jemand mein Zimmer betrat und zum Fenster ging, wo ein kleiner,
runder Tisch stand. Dieser Tisch hatte eine Glasplatte, die durch einen Messingrand
befestigt war. Vor kurzem war diese runde Glasplatte, zu meiner Verwunderung
, genau in der Mitte, quer von Rand zu Rand und ganz geradlinig
geborsten, so daß sie in zwei halbmondartige Hälften geteilt war. Die untere
der beiden Hälften war ebenfalls genau in der Mitte nochmals geborsten und
zwar ^on oben nach unten, so daß zwei gleiche, kleinere Felder entstanden
waren:
Dieses unerklärliche und sonderbare Beriten der Glasplatte hatte mich in
große Verwunderung gebracht und ich ließ in einem unbestimmten Gefühl,
daß dies irgend etwas bedeuten könnte, die Glasplatte nicht ersetzen.
Als ich nun die Schritte in jenei Nacht hörte, drehte ich mein elektrisches
Licht an, sah aber niemand und meine Tür war auch geschlossen. Schon glaubte
ich geträumt zu haben und drehte das Licht wieder aus. Das Zimmer war tief-
dunkel, da das Fenster mit Vorhang tmd Laden versehen war. Kaum hatte ich
mich niedergelegt, hörte ich abermals, daß unbedingt jemand an dem Tische
sei und dort hantierte.
Ich setzte mich nun, ohne jedes Furchtgefühl, im Bette aufrecht und
horchte gespannt nach der Richtung, wo der Tisch stand.
Nun vernahm ich, daß mit einem scharfen Gegenstande auf der Glasplalle
gezeichnet wurde. Ich wartete, bis dieses schneidende, knirschende Geräusch aufhörte
und der Unsichtbare abermals das Zimmer durchquerte und verließ. Darauf
drehte ich das Licht an und ging, wie durch Gewalt gezwungen, an den
Tisch.
Wer beschreibt mein maßloses Erstaunen und all die verschiedenen Empfindungen
, die auf mich einstürmten, als ich unten im rechten Felde der Glasplatte
eine fertige Gravierung erblickte. Das merkwürdigste aber war, daß diese Gravierung
unverkennbar dieselbe geschlossene Tulpe darstellte, welche der Verstorbene
zuletzt, als er geistig noch nicht verwirrt war, auf seine Briefbogen gezeichnet
hatte.
Nun fiel mir's wie Schuppen ^on den Augen. Das war die Erfüllung des
vereinbarten Versprechens, der Gruß aus dem Jenseils und die Bestätigung des
Fortlebens der Seele!
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