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sind die Fehler von Frau Parker harmlos im Vergleich zu den Geschichtsfehlern,
welche sich die auf strengste Wissenschaftlichkeit Anspruch erhebenden Gegner
des Sadhu zuschulden kommen ließen.
i4. Als völlig unwahr hat sich die Behauptung erwiesen, daß der Sadhu seine
eigenen legendären ., Wunder er lebnisse" in die Welt „ausposaunt" uabe. Die
Freunde die ihn seit Jahren kennen, bezeugen energisch, daß er im Privatgespräch
äußerst schweigsam ist und niemals unaufgefordert von seinen außer-
odentlichen Erfahrungen spricht, geschweige denn mit ihnen prahlt. Nur wenn
er in seinen evangelistischen Ansprachen Zeugnis ablegt von dem Wunderwirken
seines Erlösers, flicht er diese außergewöhnlichen Ereignisse ein, aber nur als
Veranschaulichungen der erlösenden Hilfe Gottes, und immer so, daß er die
Hörer (soweit sie ihm wirklich ernstlich folgen und nicht die Nebensache mit der
Hauptsache verwechseln) vom äußeren Wunder zum inneren Wunder der Sündenvergebung
hinleitet; alle äußeren Wunder sind ihm nur die Ränder und Reflexe
dieses einen inneren Zentral Wunders. Er selber hat gar kein Interesse daran,
daß andere Menschen von der Geschichtlichkeit seiner außerordentlichen Erlebnisse
überzeugt werden. ,,Und wenn", so schrieb er mir einmal, „diese Leute an
diese Dinge nicht glauben, so lasse man sie doch ruhig gehen: denn Tibet oder
Nepal oder wunderbare Errettungen sind nicht ein Teil meiner Botschaft, sondern
meine Botschaft ist die Erlösung durch den gekreuzigten
Christus, der ein lebendiger Christus und ein Heiland der ganzen Welt ist."
Eine nicht minder große Unkenntnis der Dinge verrät sich in der Behauptung,
Sundar Singh sei auf die Mehrung seines Ruhmes bedacht und deshalb habe er
seine Wundergeschichten erfunden. Der Sadhu flieht jede Ehrung und Erhebung
seiner Person. Rev. Popley, der viel gereiste Sekretär des indischen Jungmännervereins
, schreibt mir: „Wenn Sundar Singh Volkstümlichkeit und Beifall
gewünscht hätte, dann hätte er einen gut Teil mehr Zeit in Südindien verbracht,
wo die Christen ihm als dem größten indischen Christen huldigten und sich
um ihn scharten, ja ihn beinahe anbeteten. Gerade aus diesem Grunde weigert
er sich, trotz wiederholter Einladungen, nach Südindien zu kommen."
In den letzten Monaten sind eine große Anzahl von Zeugnissen aus Indien in
meine Hände gelangt, die im nächsten Jahre veröffentlicht werden sollen. Hervorragende
indische Missionare wie Stanley Jones, Rev. Popley, Rev. ßarne, auch
der anglikanische Diözesanbisehof des Sadhu von Lahore haben ihm glänzende
Zeugnisse ausgestellt. Dr. Fife. sein alter Lehrer, erklärt, daß er ihn so hoch
stelle wie den heiligen Franz von Assisi, den er (Fife) besonders bewundere. Sein
greiser geistiger Vater, Dr. Wherry, versichert mir geradezu in feierlichem Tone:
„Da ich Sundar Singh kenne, seit er sein Reise- und Predigtwerk begonnen hat,
bezeugeich seine absolute Glaub würdigkei t." Dr. Wherry hat
mir freilich auch geweissagt, daß alle Erklärungen seiner Freunde und alle
Ilerbeischaffung von Dokumenten die Gegner des Sadhu von ihrer Tendenz nicht
abbringen würden. Was immer auch Sundar Singh tun oder reden mag, wird
^oll ihnen beargwöhnt und mißdeutet.1) Sundar selber aber erträgt alle Vor-
!) So hat man den Sadhu zum wohlhabenden Hausbesitzer gestempelt, der sein
Armutsgelübde verleugne. In Wirklichkeit hat ihm sein Vater ein altes baufälliges
Haus gekauft, das Sundar Singh bereits wieder seinem Freunde Dr. Peoples geschenkt
hat. Er hat ferner auf Wunsch der Presbyterianermission,
die ihre Niederlassung in Subathu auflöste, deren Haus für Missionszwecke
um billiges Geld gekauft. Durch testamentarische Verfügung des Sadhu ist dieses
Haus für die Zwecke der Himalaya- und Tibetmission bestimmt und zwei Treuhändern
(einem anglikanischen und einem presbyterianischen Geistlichen) über-
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