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Buchbesprechungen
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lenken weiß. Wenn er weiterhin auf die Gefahren der Magie hinweisend vor einer
praktischen Beschäftigung mit ihr aus selbstsüchtigen Beweggründen warnt, so werden
wir Parapsychologen ihm beipflichten, denn wir selbst wissen, daß man sich
unserem Forschungsgebiet, in dem die „Seele" als das zu Ergründende die Hauptrolle
spielt, nur mit reinen Händen nähern soll. Wenn der Verf. dann so weit geht,
daß er überhaupt die experimentelle Arbeit mit medial veranlagten Versuchspersonen
als unerfreulich und den Weg zur Erkenntnis des Seelischen nicht ebnend
verurteilt, so wird er wohl von Seiten der Parapsychologen Widerspruch erfahren.
Ich persönlich glaube jedoch bestimmt, daß Dacque bei seinem Standpunkt der
Mißbrauch vor Augen schwebt, der in vielen okkultistischen und spiritistischen Zirkeln
mit Medien getrieben werden mag, der aber in wirklich ernst und von hoher
Warte aus forschenden wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, wie ich sie kenne, vermieden
ist. Vielleicht fürchtet auch Verf. — und nicht ganz ohne Grund —, daß auch
die junge aufstrebende Parapsychologie, an sich eine Todfeindin des öden Materialismus
, Gefahr läuft, da und dort wiederum mechanisiert zu werden, daß die
Forschung wieder nur an der äußeren Phänomenik sich betätigt, anstatt dem tieferen
Wesenskern der psychophysischen Erscheinungen sich zu nähern.
Aufhalten läßt sich menschliche Forschung niemals, solange Menschen auf
Erden leben werden; die Rätsel der Natur werden immer als Fragen wirken, die
der Mensch beantworten will. Aber die Art der Forschung wird wechseln ebenso
wie die Art der Weltsicht. Und ich möchte wünschen, daß gerade die Naturforscher,
die sich auf ihr exaktes Wissen von den Vorgängen auf Erden so viel zu gute halten
, ernsthaft versuchen möchten, Dacques Darlegungen zu folgen. Ob dies heute
schon vielen gelingen wird, möchte ich bezweifeln, so sehr ich andererseits glaube,
daß dem Parapsychologen das Werk sehr viel schenken kann. Denn er kennt wohl
mehr als der Vertreter der Schulpsychologie von der gewaltigen Bedeutung des
„Seelischen" in den Erscheinungen der lebendigen Natur und er wird, wenn er das
Bekenntnis Dacques mit Verständnis liest, vielleicht mit Staunen inne werden,
welche Einblicke in die verborgensten Zusammenhänge der Naturerscheinungen sich
eröffnen, wenn man auf seinem Forscherweg versucht, sich in das Innere der in
ihren Außenerscheinungen beobachteten Geschehnisse des Lebens zu versenken.
Dacques „Natur tuid Seele" ist einmal ein selten schönes, größte Werte bergendes
Bekenntnis eines reinen, mit rekher Intuition ausgestatteten Forschergeistes,
andererseits aber auch ein beredtes Zeichen für die große Wandlung, die sich in
unseren Tagen in der menschlichen Auffassung des Lebens, der Seele, der Gesamtnatur
in ihren sichtbaren wie für uns sinnlich nicht erfaßbaren Aeußerungen vollzieht
. « Karl Oruber.
Friedrich Heiler. Apostel oder Betrüger? Dokumente zum Sadhustreit. Verlag
Emst Reinhardt, München 1925. 191 S.
Als ich vor einiger Zeit in den Psychischen Studien Heilers Buch über den
indischen Prediger Sadu Sundar Singh besprach, machte ich auch kurz auf die in
demselben enthaltenen Wundererzählungen aufmerksam, die wie die Gestalt des
Sadhu stark an das Neue Testament erinnern. Ich sprach damals den Wunsch aus,
es möchte diesen Dingen nachgegangen werden, soweit das möglich sei.
Das ist nun inzwischen durch Heiler geschehen, nachdem von katholischer
Seite sehr heftige Angriffe auf den Heiligen erschienen. Heiler hat sich bemüht,
teils durch Rückfragen bei dem letzten, teils durch Ermittlungen in Indien die
umstrittenen Fragen so weit zu klären, als es irgend möglich schien. Auch Zeugnisse
aus den Kreisen derer, die zum Sadhu in engeren Beziehungen standen,
werden vorgelegt.
Das Ergebnis, zu dem Heiler kommt, ist, daß er seinen Standpunkt ohne Einschränkung
aufrecht erhält, ja ich möchte sagen, er ist noch positiver geworden.
Deutete er seiner Zeit an, daß wohl legendäre Zutaten mit untergelaufen seien, so
ist er in dieser Hinsicht zurückhaltender geworden.
Erbaulich ist das Schauspiel zankender Theologen aus dem protestantischen
und dem katholischen Lager. Gehört es im Lager der protestantischen dogmatischen
Wissenschaft schon lange zum guten Ton, sich mit beiden Füßen auf den Boden
der mechanischen Weltansicht zu stellen, so wird es jetzt mehr und mehr auch bei
katholischen Theologen Mode, sehr aufgeklärt zu sein, soweit nicht das Dogma
in Frage kommt.
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