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206 Zeitschrift für Parapsychologie. 4. Heft. (April 1927.)
Dies leitet zu einer wichtigen Bemerkung Fedas bzw. des Geistes A. Y. B.
über; Feda erklärt: A.Y. B. ist sich mm ganz im klaren, daß sie nicht die wirklichen
Worte erfaßt, sondern ihren Sinn. Ich bin sicher, daß es nichts aufmachen
würde, wenn die Worte japanisch wären. Iih glaube, ich körmte sie
auch dann erfühlen. Ich würde wahrscheinlich keinen Unterschied bemerken,
wenn alle Ihre Bücher in einer mir unbekannten Sprache geschrieben wären
Miß Radclyffe-IIall entlehnte nun von Frau Salter eine Anzahl griechischer
Werke in Ausgaben, die Frau Salter selbst kaum benützte; A.Y. B. sollte etliche
Buchteste mit diesen in M. R. H.s Wohnung auf bewahr len Büchern ausführen.
Im großen ganzen waren diese Buchteste, denen sieben Sitzungen gewidmet
wurden, nicht sonderlich erfolgreich (P. 3i,3o*i—3i3). Ich erwähne denjenigen
, den ich für den besten halte. Feda sagt: „Im 3. Buch auf der \. Seite
von hinten scheinen Anspielungen auf gegenwärtig herrschende Bedingungen und
auf den Krieg zu stehen; gerade am unteren Ende der nächsten Seite, weiter dem
Anfang des Buches zu, findet sich ein Wort, das A. Y. B. Ihnen so ernstlich
wünscht: sie wünscht es gerade jetzt besonders/' In dem betreffenden Band
der Geschichte des Thueydides standen auf der viertletzten Seite mehrere
Stellen, die auf den Weltkrieg bezogen werden konnten, das auffälligste aber ist,
daß auf der untersten Linie der nächsten Seite das griechische Wort für Waffenstillstand
vorkam; da die Sitzung io Tage >or der Unterzeichnung des Waffenstillstandes
stattfand, ist A. Y. B.s Angabe, daß sie dieses Wort so ernstlieh
wünsche, ausgezeichnet (P. 31, 308/09). ^a weder Frau Leonard, noch A.Y.B.,
noch M. R. H. griechisch können, so weisen diese Yersuche, soweit sie erfolgreich
sind, in der Tat darauf hin, daß bei den Buchtesten häufig nicht der
Wortlaut, sondern der Sinn einer Stelle hellgesehen wird. Aehniiches beobachtet
man auch sonst gelegentlich bei Hellsehexperimenten (vgl. z. B manche Versuche
Chowrins ; dies legt nahe, daß die Erklärung solcher Experimente nicht
in einer übernormalen Wahrnehmung der betreffenden Buchstelle, sondern in
einer Beziehung zu einem umfassenden übergeordneten Bewußtsein zu suchen
ist, das sowohl den Textsinn als das Textbild enthält.
Schließlich möchte ich die Frage streifen, ob bei diesen Buch testen volle
Gewähr dafür besteht, daß sie sich, soweit sie überhaupt erfolgreich sind, nicht
durch einen Betrug des Mediums erklären lassen. Ungünstig für die sichere
Ausschließung eines Betrugs ist, daß jeweils nicht der Besucher Buch und Seite,
die hellgesehen werden sollen, bestimmt, sondern daß immer der „Geist'4 die
Stelle und das Buch selbst auswählt, obschon gelegentlich der Besucher dem
Geist die Auswahl aus bestimmten Buchreihen empfahl; doch wurde dann im
allgemeinen dem Geist mindestens bis zur nächsten Sitzung Zeit gelassen, sich
in diesen Büchern zu orientieren; auch wenn die Phänomene echt sind, ist
dies begreiflich, doch könnte dieser Umstand ebensogut Frau Leonard Gelegenheit
geben, sich auf normale Weise zu den Büchern in Beziehung zu setzen.
Dazu wäre aber notwendig, daß sich Frau Leonard durch Bestechung der Dienerschaft
oder irgendwelche Tricks Zutritt zu den Wohnungen der betreffenden
Experimentatoren verschafft, und dort die Bücher selbst einsieht, oder durch
die Dienerschaft bzw. dritte Personen einsehen läßt. Dies könnte gelegentlich
geschehen sein, obwohl kein Beweis dafür vorliegt; doch scheint mir diese Er-
l) A. N.- Chowrin, Experimentelle Untersuchungen auf dem Gebiet des räumlichen
Heilsehens. E. Reinhardt Verlag in München 1919. (S. 31-41.)
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