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Augenblick auf ihrem Knie liegen gesehen und gefühlt zu haben; Frau Silberl,
die sie auch bemerkte, bezeichnete sie als eine Arbeiterhand. Am meisten Aehn-
lichkeit schien diese Hand mit einer der materialisierten Hände der Stamslawa P.
zu haben, die in Schrenck-Notzings Werk „ Materialisationsphänomene" reproduziert
sind (Abb. 225, Tafel i45). Interessant ist die Feststellung, daß die
materialisierte Hand im späteren Verlaufe der Sitzung merklich an Leuchtkraft
einbüßte und nur noch stumpf grau erschien.
Zu den eigentümlichsten Phänomenen der Frau Silbert gehören die Gravierungen
, eine Abart der direkten Schrift, die selber auch in Sitzungen dieses Mediums
beobachtet wurde. Meine Zigarettendose, die ich auf das Tischkreuz unterhalb
der Tischplatte gelegt hatte, fliegt einige Zeit später bei vollem Licht über
die linke Schulter der Frau Silbert hinweg auf den Tisch. In der bestimmten Erwartung
, daß die Gravierung nicht zustande gekommen ist, frage ich Neil, ob nicht
etwa zu früh das \o\le Licht eingeschaltet wurde. Antwrort: „Ja" (ein einzelner
Klopf ton). Als ich die Dose dann doch für alle Fälle untersuche, sehe ich auf der
einen Innenseite das Wort „Neil" und die Ziffer „7" eingeritzt. Auf meine Frage
nach der Bedeutung der Zahl ,,7" erhalte ich folgendes Diktat durch Klopflaute
: „Sie wird dir eine unverhoffte Wendung bringen. Gedulde (dich), bis
•des Mondes Sichel schneidet." Da mir der Sinn dieser Botschaft nicht gan»z
klar ist, frage ich nochmals, worauf mir Neil erwidert: „Zeitmaß. Zählen mußt
du, bis zur Sichel." Ich füge bei, daß zur Zeit dei Sitzung gerade Neumond war.
Unter ähnlicher! Erscheinungen wie meine Zigarettendose wird auch eine
Tabatiere. die Gräfin Wassilko mitgebracht hatte, graviert. Viermal kam sie vom
Tischkreuz, auf das sie gehegt worden war, ungraviert zurück: dreimal flog die
Tabatiere auf den Boden, einmal wurde sie, wie schon früher erwähnt, ia die
Hand dei Eigentümerin gelegt, als diese unterm Tisch die Hand der Frau Silbert
faßte. Bei dem fünften Versuch sieht das Medium die materialisierte Hand in
dem Raum zwischen ihm und Gräfin Wassilko mit der Tabatiere herumspielen.
Die letztgenannte spürt dann eine Berührung, ais ob die Hand sie mit der
Zigarettentasche gestoßen hätte, in der Absicht, sie von ihr ergreifen zu lassen.
Gleich darauf fällt die Dose zwischen den Stuhlbeinen lärmend zu Boden. Bei
Licht besehen, zeigt sie auf der einen Innenseite das eingravierte Wort „Neil4'
und ein kleines Dreieck, daneben zwei Kratzer wie angefangene Dreiecke.
Besonders eindrucksvoll war die Art, in der die Taschenuhr des Kommerzial-
4 rates Neubert graviert wurde. Nachdem sie auf dem üblichen Platz hinterlegt
worden war, erblickten einige Zeit später Gräfin Wassilko und das Medium in
dem Raum zwischen ihnen eine materialisierte Hand, die haschende Bewegungen
machte. Frau Silbert behauptete sogar zu sehen, wie die Hand mit der Uhr
spielte. Wiederum nach einer Weile, während ich gerade mit Frau Silbert
spreche, bemerkte ich plötzlich, daß sie mir die Antwort schuldig bleibt, wie
ich aus Erfahrung wußte, ein Zeichen, daß sie in Trance gefallen ist. Ihre
Augen starren ins Leere, unverständliche Worte dringen aus ihrem Mund, sie
schluckt, gähnt und wimmert, dabei scheint sie etwas zu suchen. Plötzlich fährt
sie mit der linken Hand in die Luft und ergreift die Uhr des Herrn Neubeirt.
Thre Bewegung, das Erscheinen der Uhr und ein blendender Blitz fallen zeitlich
und räumlich genau zusammen. Die Uhr liegt nun auf der umgedrehten Innenfläche
der einen Hand, indes die andere darüber in der Luft einem kleinen, nicht
ganz geschlossenen Kreis beschreibt. Da ertönen von hinten drei Klopf laute, die
sonderbar hart und hell klingen. Frau Silbert wendet sich, mit auffallender Auf-
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