http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0270
254
daß es sich um Stücke der im Weltkrieg ausgegebenen „Freiheitsanleihe" handelte.
Schließlich enthält Frau Sagendorphs Schrift noch einen Bericht über eine Sitzung,
die sie im Juni 1925 mit Frau Leonard in London hatte. Die Sitzung ist wesentlich
besser als der Durchschnitt der sechs Pipersitzungen; doch enthält sie nichts so
vorzügliches wie den eben zitierten Erfolg Frau Pipers. Wieder teilte sich Frau
Wilson Sohn Eduard mit; da ich Frau Leonard einen langen Artikel in derZ. f. P. (April)
widme, gehe ich auf den Fall hier nicht weiter ein. Mein Eindruck ist, daß die Gesamtheit
der Berichte in der Schrift Frau Sagendorphs trotz einiger guter Tieffer
keinen Höhepunkt in der Beweisführung zugunsten der spiritistischen Hypothese
bedeutet. Rudolf Lambert.
Buchbesprechungen.
Der Okkultismus. Eine kritische Einführung in das Gebiet und
seine Probleme. Von Dr. phil. Friedrich Luther. Hachmeister & Thal
1926, Leipzig.
Verfasser steht den fraglichen Vorgängen skeptisch, wenn nicht direkt negativ
gegenüber. Allerdings betrachtet er die Telepathie als eine wissenschaftlich bewiesene
Tatsache, für welche eine allgemein anerkannte Erklärung ebenso fehle
wie für das Hellsehen und die Psychometrie.
Die von einigen Forschern vertretene Theorie der Verbindung des menschlichen
Ich mit dem Absoluten nennt Luther unhaltbar (warum?); die Emanationshypothese
zum Verständnis für die Psychometrie wird ebenfalls abgelehnt.
Auch die Erscheinungen des medialen Sprechens und Schreibens sind nach Luther
nicht natürlich aufgeklärt und widerstreben jeder rationalen Lösung.
Die eingehend psychologisch bearbeiteten Leistungen der unterbewußten
Psyche, die überhaupt nicht in das Gebiet des Okkultismus, sondern in jenes der
Psychopathologie gehören, scheint Verfasser nicht genügend studiert zu haben.
Ein etwa unaufgeklärter Rest ließe sich auf Intuition und Hellsehen zurückführen.
Das endgültige Urteil über Telekinese überläßt Verfasser der Zukunft.
Nach Luther hält die streng rationale Wissenschaft die Telekinese und das
Teleplasma für Täuschung, teils für Halluzination der Teilnehmer und teils für
Betrug. Die Medien scheinen ihm Taschenspieler zu sein, die mit ihren Geheimkünsten
das Wunder liebende Publikum amüsieren, und die gelehrten Professoren
zum besten halten.
Ein primitiveres, rückständigeres, der einfachsten Sachkenntnis entbehrendes
Urteil läßt sich wohl kaum über das parapsychologische Erscheinungsgebiet fällen.
Was den Prozeß der De- und Rematerialisation (nach Luther „okkulte Orts-
versetzung") betrifft, so sei Betrug niemals erwiesen, infolgedessen müsse ein entscheidendes
Urteil noch aussetzen.
Dieser Standpunkt offenbart nicht nur die negative Voreingenommenheit des
Verfassers, sondern er ist auch falsch, da gerade auf dem Gebiet der Apportphäno-
ene vielfach in ganz einwandfreier Weise Betrug nachgewiesen worden ist (wie
B. im Fall Rothe u.a.).
Die Teleplastik ist nach Luther der höchste Trumpf der Spiritisten. Hier wird
wieder ubersehen, daß die Bezeichnung Teleplastik ein dem Animismus zugehöriger
Begriff ist und an sich der Geistertheorie widerspricht. Bedauerlicherweise
werden hier die abergläubischen Vorstellungen des Spiritismus mit der parapsychologischen
Terminologie durcheinandergeworfen, wofür auch das Hereinziehen
des Gesundbetens, der Sympathie, des Versehens, der Astrologie, der Zahlenmystik,
der Wünschelrute usw. in die wissenschaftliche Metapsychologie, in deren Literatur
diese Probleme nirgends behandelt sind, gehört.
Gegen die Ferngestaltung (Teleplastik) werden ebenfalls prinzipielle Einwendungen
erhoben. Das Leibiichwerden der Vorstellungen des Mediums zeuge von
einer tiefen Verkennung des Wesens des Gedachten. Denn nach Luther ist die Vorstellung
lediglich ein subjektives Phänomen. Als stoffschaffende Kraft müsse sie
als Energieform analog der Wärme und dem Licht aufgefaßt werden. Gedanken
als solche können sich nicht materialisieren; demnach sei die Gedankenmaterialisation
praktisch unmöglich (das ist doch nur ein Streit um Worte!).
Bekanntlich verfügt: nun aber das Unbewußte über formgebende Kräfte (Ente-
lechie), die durch die Psyche geleitet und für den Organismus verwendet werden.
Der Einfluß des Psychischen, also auch der Vorstellungen auf alle Körperfunktionen,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0270