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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1927.)
sich dann, unter bestimmten Bedingungen, genau so wie vorhergesagl, ereignen.
„Walter" werden neue Experimente vorgeschlagen, er diskutiert sie mit den
Teilnehmern, einigt sich mit ihnen, unter welchen Bedingungen die Versuche
zustande kommen sollen, ist sichtlich an neuen Apparaten interessiert und freut
sich, wenn ihm eine schwere Aufgabe gestellt wird.
Die Untersuchungen des Scientific American Komitees1) begannen im
Frühjahr 1924, und führten durch das Vorgehen eines der Mitglieder zu einer
ungemein scharfen Auseinandersetzung, so daß die Sitzungen unterbrochen
werden mußten. Bei meiner Ankunft war man gerade auf dem Höhepunkt
der Diskussion und das Medium wie ihr Gatte befanden sich in einer hochgradig
nervösen Verfassung.
Ehe ich meine Versuche im einzelnen schildere, möchte ich meinen allgemeinen
Eindruck wiedergeben.
Das Medium ist eine hochintelligente, liebenswürdige junge Frau, außergewöhnlich
gut veranlagt, im Besitze eines prächtigen Humors, voll Mut und
somit ein ideales Versuchsobjekt für die Forschung. Ihr Gatte ein vielbeschäftigter
, geschickter Chirurg, von großer Belesenheit, besitzt auch auf dem Gebiet
sozialer Fragen und Probleme außergewöhnliche Kenntnisse. Wenn
Margerys Mediumität auf Betrug beruht (und es existiert kaum ein direkter
Beweis für diese Annahme), dann ist es meiner Meinung nach praktisch
erwiesen, daß der Gatte dies begünstigt, wenn er nicht gar an dem Betrug
aktiv teilnimmt. Denn die Täuschung (falls eine solche vorliegt) könnte nicht
durchgeführt werden ohne seine manuelle Geschicklichkeit einerseits, anderseits
ohne sein zähes Festhalten an seinem Vorhaben. Die Frage nach den Motiven
erscheint im Hinblick auf Crandons Beruf und soziale Stellung schwierig. Es
ist schwer, anzunehmen, daß er an einem Schwindel in irgendeiner Absicht teilnehmen
würde, die mit dem was seiner Meinung nach im Interesse der wissenschaftlichen
Wahrheit liegt, unvereinbar wäre. Doch ist es wohl möglich, daß
es seinen glühenden Rationalismus reizen könnte, mit einem Schwindel die
Leichtgläubigkeit von Beobachtern zu prüfen und das was er vielleicht für
„Spiritistischen Aberglauben" hält, bloßzustellen.
Wenn ich anfangs gesagt habe, daß Margerys Mediumität \iel!eicht der wichtigste
Fall unter seinesgleichen ist, so habe ich zu wenig gesagt, er ist, glaube ich,
der bemerkenswerteste aller bisher bekannt gewordenen. Denn wir haben hier
nicht allein sogenannte telekinetische und telepiastische Phänomene, sondern
^uch die Wahrnehmung einer natürlichen, angeblich weder von einem Teilnehmer
noch mechanisch hervorgerufenen Stimme, die während der ganzen
Sitzung zu hören ist, die Phänomene bestimmt, sie vorhersagt oder verspricht
und zwar oft genau in der Art, wie sie nachher erfolgen.
Aber die großen Schwierigkeiten der Erforschung dieses Falls können nur
gewürdigt werden von denen, die sie praktisch erlebt haben. Während des Verlaufs
der Sitzungen schienen mir die Umstände manchmal für, manchmal gegen
den supranormalen Ursprung der Ereignisse zu sprechen, nie aber waren sie eindeutig
bestimmt. Man mußte immer zwei Hypothesen in Bereitschaft haben und
das Untersuchungsverfahren von Zeit zu Zeit ändern, je nachdem einmal die
eine, ein andermal die andere Hypothese mehr Wahrscheinlichkeit für sich ge-
!) Siehe Scientific American Juli, August, November 1924 und J. M. Birds
Buch „Margery" (Boston 1925).
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