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Vogl: Spuk.

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jähren gestorben. Das Heini in Norddeutschland war sein erstgegründetes und
war ihm auch aus anderen Gründen besonders am Herzen gelegen: dort fühlte
er sich so eigentlich zu Hause, dort lebten seine Frau und seine noch kleinen
Kinder; er selbst aber war die letzten zwei Jahre aus beruflichen Gründen meist
in Mitteldeutschland, starb dort und wurde dort begraben. Ein Mensch von
rastloser, zu jedem Opfer bereiter Hingabe an sein Werk, bis zuletzt, trotz
langsam schleichenden körperlichen Leidens.

•Als meine Tochter gleich zu Anfang ihres Dortseins einmal nachts
(etwa ii Uhr) mit noch zwei anderen jungen Damen, deren eine die Sekretärin
war, die sie von früher her kannte, im Hauptgebäude die Treppe hinaufging,
hatte sie das undefinierbare, aber deutliche Gefühl, jemand gehe hinter ihnen
her, sie drehte sich um und sah etwas wie eine schwebende Nebelgestalt. Da
meine Tochter von einer ganz seltenen Furchtlosigkeit ist, so erschrak sie nicht
und sagte auch nichts. Aber gleich darauf sah sich die Sekretärin, ein etwas
älteres Fräulein, gleichfalls um und machte die Bemerkung: „Hinler uns geht
N. N." (der verstorbene Leiter der Anstalt); die gleiche Aeußerung tat das
andere Fräulein. Nun wird meine Tochter aufmerksam. Sie erfährt, N. N.
„gehe dort um" und werde oft gesehen. Talsächlich beschwert sich alle Augenblicke
eines der Dienstmädchen und der Dienstbotenwechsel ist recht häufig.
Anfangs hatten die Mädchen geglaubt, sie würden von einem Vermummten
geschreckt, dann aber sagten sie: „In dem Hause geht's um." Auch die Schüler,
Kinder im Alter von 7 bis i3 Jahren, sehen die Gestalt nicht selten, fürchten
sich, werden nervös und das eine oder das andere soll sogar nach den Ferien,
nicht wieder gekommen sein. Man suchte die Kinder zu belehren, es sei doch
nur Schein; doch die Kinder geben zur Antwort: „Wir werden doch wissen,
was Schein ist."

Einmal geht meine Tochter nachts, etwa 10V2 Uhr an dem leeren und
dunkeln Versammlungsraum (eine Art Aula) vorüber, die Tür stand offen. Sie
sieht die Gestalt an dem Platze sitzen, der ihr nachher als derjenige bezeichnet
wird, wo N. N. immer zu sitzen pflegte. Sie empfindet einen auffallend kalten
Windhauch, obwohl alle Fenster geschlossen sind. Sie schließt die Tür und
geht weiter. Sie beschreibt die Erscheinung als eine dichte mattleuchtende
Nebelgestalt, die >om dunkeln Raum sich abhebt. Nur die obere Partie,
namentlich das Gesicht, isl einigermaßen deutlich ausgebildet.

Ein andermal, gegen 11 Uhr nachls, hört meine Tochter die Dienstmädchen,
die durch den bereits dunkeln Speisesaal einen Eimer Wasser getragen haben,
schreien: sie eilt hinzu und sieht im Speisesaal an einem Tisch die bekannte
Nebelgestalt: das Kinn auf die Hand gestützt, wie es die Art des N. N. gewesen
war. Wiederum erfährt meine Tochter, daß dies des N. N. Platz gewesen bei
den gemeinsamen Mahlzeiten. Meine Tochter sucht die Mädchen zu beruhigen,
ihnen das Gesehene auszureden, es werde nur ein Lichtschein sein, hat aber
mit ihrem Aufklärungsversuch keinen Erfolg.

Es kommt ein neuer Lehrer in die Anstalt, ein noch junger Mensch, der
von den Dingen, die hier vor sich gehen sollen, nichts weiß. Die jungen Damen
besuchen ihn des Abends auf seinein Zimmer. Das Verhältnis in diesen Heimen
isl ein sehr kameradschaftliches. Gegen 11 Uhr verabschieden sie sich.
Der Lehrer aber bittet sie in seltsam dringlicher Weise, sie möchten bei ihm
bleiben, noch ein bis anderthalb Stunden. Man versteht ihn nicht, findet seinen
Wunsch sonderbar und geht weg — um so mehr als in diesen Anstalten eine


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