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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1927.)
ließ sich an diesem Abend auf dem Klavier hören, dann folgte das Abendessen
und danach kehrte die ganze Gesellschaft in den Salon zurück.
Während des Abendessens hatte Frau Rößler bemerkt, daß die Russin
wiederhol! mit eigentümlichem Gesichtsausdrucke auf sie und knapp an ihr
vorbeischaute. Im Salon teilte dann die Frau dos Gastgebers Frau Rößler mit,
die Russin wüßte ihr Interessantes zu sagen. Und auf Befragen erzählte ihr
dann die Russin, sie habe während des früheren Klavierspiels der Frau Rößler
neben dieser einen Herrn in Uniform stehen gesehen, die linke Hand auf der
Stuhllehne, die rechte auf dem Notenpult, vorgebeugt, abwechselnd auf die
Spielerin und in das Notenheft blickend. Frau Rößler erwiderte in begreiflicher
Bewegung, das sei eine charakteristische Lieblingsstellung ihres seligen Mannes
gewesen. (Gewesen?) Sie ersucht die Russin um Jessen Beschreibung, worauf
die letztere eine unverkennbare Beschreibung des verstorbenen Hauptmannes
unter Erwähnung des kurzen Vollbartes gab. Sie fügte bei, auch während des
Abendessens habe der beschriebene Herr sich in der Nähe der Frau Rößler aufgehalten
.
Ueber die erwähnte Russin erzählte Frau Rößler mir noch folgende Episode
, die sie aus dem Munde der obigen Gastgeberin erfahren hatte. Sie hatte
ihren Vater schon gleich nach ihrer Geburt verloren. Als dann später einmal
ihre Mutter dem Kinde, das sie auf den Knien hielt, ein Album mit Familicn-
bildern zeigte und bei einem dieser sagte, das sei der verstorbene Vater, lachte
das Kind freudig und sagte: „Das ist ja der Herr, der immer bei uns im Kinderzimmer
ist und uns zuschaut, wenn wir spielen."
Weltanschauliches und Theoretisches.
Indische Gauklerkünste und physikalischer Mediumismus.
Von Professor G. Zimmer. Berlin.
Im Jahrgange 1922 (pag. 254 und 3oo) sowie 192! (pag. 354 und 4oi)
dieser Zeitschrift bringt Graf C. von Klinckowstroem einen Bericht über
indische Gauklerkünste. Ein eingehendes, kritisches Studium dessen, was sich
in der Literatur findet, und was ihm persönlich mitgeteilt wurde, läßt ihn
zu der Erkenntnis kommen, daß vieles von dem, was die indischen Zauberer
zeigen, auf Taschenspielerei beruhe, daß aber doch ein Rest bleibe, der so gut
>erbürgt sei, daß man an seiner Realität nicht zweifeln könne, der sich aber
nicht durch Taschenspielerei erklären lasse. Es handelt sich hier vor allem um
den sogenannten Seiltrick, der bekanntlich nach den Berichten ungefähr folgendermaßen
vor sich geht: der Zauberer wirft ein Seil in die Luft, wo es auf
geheimnisvolle Weise hängen bleibt; ein Knabe klettert daran empor, verschwindet
in der Luft und fällt dann zerstückelt herunter. Der Zauberer setzt
die Stücke wieder zusammen, und der Knabe erwacht zu neuem Leben.
Klinckowstroem kommt zu dem Schlüsse (1924, pag. 356): „Es unterliegt
keinem Zweifel, daß es sich bei dem sogenannten Seilexperiment, für dessen
Existenz hinreichend sichere Augenzeugenberichte vorliegen, um eine kollektive
Suggestionswirkung handeln muß.*'
Nehmen wir das aber an, so ergeben sich daraus Folgerungen, die für die
Forschung über physikalischen Mediumismus \on der; einschneidendsten Bedeu-
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