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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1927.)
■verpackt oder versteckt hat. Wenn das Bild einen in der Luft schwebenden
Gegenstand zeigt, so ist damit nicht bewiesen, daß das Medium nicht in aller
Gemächlichkeit den Gegenstand an dünnsten, auf der Photographie nicht sichtbaren
Fäden aufgehangen und das Einschmuggeln dieser Fäden und die ganze
V orbereitung dem Beobachter nur dank spiner suggestiven Fähigkeiten zu verheimlichen
wußte.
Alle diese Annahmen sind durchaus an und für sich nicht weniger haltbar
als die, daß der indische Zauberer seinen Zuschauern jene geschilderten Vorgänge
des Seiltricks suggeriert hat.
Ein anderer Einwand wird noch gemacht werden, nämlich der, daß das
Aussehen des „Teleplasmas" und der gelegentlich auf der Photographie sichtbaren
„teleplasmalischen" Fäden, die die schwebenden Gegenstände in der Luft
hallen, ihre supernormale Natur beweisen, weil alle in Frage kommenden natürlichen
Gewebe oder Fäden auf der Photographie anders aussehen müßten, wie
aufgenommene YergleichsbiJder zeigten. Zunächst gibt es >iel, viel mehr Gewebe
und Fäden natürlichen Ursprungs, als jemals zum Vergleich photographiert
worden sind, und dann hängt der Eindruck, den ein Gegenstand von bestimmter
Natur auf der Photographie macht, in mannigfaltiger Weise von dem "Zustand
ab, in dem er sich befindet. Ist er trocken oder mit mehr oder mit weniger
Feuchtigkeit benetzt, ist er auf diese oder auf jene Weise gefärbt, sei es nun,
daß er nur mit Farbe überzogen oder mit ihr getränkt ist, ist die Farbe gedeckter
oder weniger gedeckt, ist sie mehr oder weniger aktinisch wirksam,
jedesmal wird der Eindruck, den der Gegenstand auf dem Bilde macht, anders
sein. Um durch die Photographie auch nur einen Wahrscheinlichkeitsbeweis
für die siroernormale Natur des Teleplasmagebildes zu bringen, müßte die" Zahl
der Vergleichsbilder über das menschlich mögliche Maß hinaus vermehrt werden
. In diesem Zusammenhange sei erwähnt, daß der verstorbene Grunewald
im persönlichen Gespräch — ich weiß augenblicklich nicht, ob er diese Ansicht
auch irgendwo veröffentlicht hat — entschieden die Ansicht vertrat, es
gäbe kein Teleplasma, alle teleplasmatischen Schleier seien ein natürliches,
feines Mullgewebe: supernormal sei nur die Art, wie das Medium diese Gewebe
plötzlich zur Verfügung habe und wie sie wieder verschwinden.
Kurzum, das Blitzlichtbild, so wie es bisher angewandt wurde, vermag
keinen Beweis gegen die Annahme zu bringen, daß das Medium durch Sug-
4gestionswirkung arbeite. Wie steht es mit kinematographischen Aufnahmen?
Meines Wissens sind nur zweimal solche gemacht worden, beide am Medium
Stanislawa P., und zwar beide Male vom Verschwinden des Teleplasmas im
Munde. Eine davon habe ich gesehen. Ich muß gestehen, daß man durchaus
den Eindruck hatte, das Medium kaue ein feines Stoffgewebe durch Bewegung
von Kiefer und Lippen in den Mund zurück. Aber selbst wenn sie einon echteren
Eindruck machte, oder wenn es die andere, die ich nicht kenne, täte,
wäre damit auch noch nichts Endgültiges bewiesen, da das ob^n Gesagte auch für
diese kinematographischen Aufnahmen gilt. Es wird nur ein kleiner Abschnitt
aus der ganzen Sitzung fixiert und die supernormale Natur eines Teleplasmagebildes
kann durch die Photographie nicht erwiesen werden.
Nun fragt es sich aber: Ist die Suggestionswirkung beim Seiltrick wirklich
bewiesen, ja, mehr noch, wird dieser wirklich gezeigt oder beruhen die Berichte
auf Irrtum oder Fabel? Das eine ist sicher, sind jene Berichte über den
Seiltrick zuverlässig, so können wir ihn nicht durch Taschenspielerei erklären.
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