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Reddingius: Beitrag zur Geisterhypothese
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Frau Möckels Wunsch, bei ihren Tieren Reaktionen zu veranlassen, die deren
Intelligenz beweisen würden, ist ein selbständiger Komplex geworden, der im
Tier einen geeigneten Angriffspunkt für seine Aeußerungen fand, nachdem er
selbst durch den sogenannten Unterricht die Richtungslinien der vom Lehrer
gewollten Entwicklung erfahren hat und zugleich das Tier gleichsam hinreichend
geschmeidig geworden ist. Solchie Komplexe haben sich in einigen der betreffenden
Fälle ausgewachsen zu Geistern, die fast auf gleicher Stufe stehen
mit den Geistern Phinuit, Pelham und Hyslop sen., den selbständig gewordenen
Komplexen, die sich aus den Seelen des Mediums Piper und der mit ihr experimentierenden
Forscher Hodgson und Tlyslop jun. abgespalten haben.
Zwischen jenen Personifikationen, die im Körper Mrs. Pipers einen geeigneten
Angriffspunkt fanden, gab es beträchtliche Unterschiede. In geringerem
Grade konstatierte man diese auch zwischen den Geistern, von denen Kralls
Pferde Muhamed, Zarif, Hänschen und Berto besessen waren, was darauf hinweist
, daß letztere Geister sich entwickelt haben aus ebenso vielen Embryonen,
aus den vier allmählich selbständig gewordenen, voneinander etwas verschiedenen
Vorstellungskomplexen, die Krall sich von jedem seiner Pferde geformt hatte.
Der viel schneller als Krall rechnende, in Muhamed sich manifestierende Geist
findet sein Gegenstück in der schon erwähnten Stasia.
Weil zur Erklärung der „denkenden'4 Tiere eine einzige Hypothese, daß Tiere
telepathisch beeinflußt werden und deshalb vielleicht auch Medien sein können,
genügt, und diese infolge gewisser Feststellungen Bechterews (192 4) notwendig
ist, kann man auf die ebenfalls ad hoc erfundene, aber nur einen Teil der Tatsachen
erklärende Hypothese \erzichten, daß es Tiere gibt, die menschlich denken
können.
In Psych. Stud. (Januar 1925) hat Dreher darauf aufmerksam gemacht, daß
eine Gruppe von Vorstellungen, die man sich von einer bestimmten Person
gemacht hat, besonders dann wenn diese einen überragenden Einfluß auf uns
hat, einen gewissen Selbständigkeitsgfad erhalten kann. Solche Komplexe erscheinen
in unseren Träumen mit Handlungen und Aeußerungen, die dem Charakter
, den sie in unserer Vorstellung haben, entsprechen. Dennoch wissen wir
das, was sie in unsern Träumen sagen oder tun, nicht im voraus, was darauf hinweist
, daß diese, teil an unserer Ichheit habenden Komplexe über einen gewissen
Selbständigkeitsgrad verfügen. Nach dem Ableben der Person, welche die Quelle
des betreffenden Vorstellungskomplexes war, wird, besonders wenn man sie sehij
geliebt hat, dieser Komplex mehr oder weniger „verklärt*weil man sich nur
ihrer guten Züge stets wieder erinnert. Das zeigt sich in ihren von uns geträumten
Handlungen und Aeußerungen. Wie alle Gedanken wirken auch dies**
Komplexe einigermaßen auf unser Gehirn, was daraus hervorgeht, daß wir uns
beim Erwachen manchmal an viel von dem, was sie gesagt oder getan haben,
erinnern.
Als „konkretes Beispiel" führt Dreher folgendes an: „Eine Persönlichkeit ist
gestorben, die uns zu Lebzeiten stets Rat und Hilfe gespendet hat. Wir waren
davon zum Teil abhängig, weil uns der kluge Rat des Freundes stets zur Verfügung
war. Die Folge unseres Glaubens an das Fortleben der Seele wird sein,
daß wir in einer Lage, in der wir uns nicht zu helfen wissen, ihn anrufen und
um Hilfe bitten, und er wird uns regelmäßig die Hilfe leisten, die wir von ihm
erwarten, sofern wir nichts Unbilliges fordern."
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