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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0366
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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1927.)

Daß das kein von Dreher nur erdachtes Beispiel zu sein braucht, zeigte sich
mir, als eine alte Dame, keine Spiritistin, mir sagte, daß sie in Fällen von Unschlüssigkeit
seit Jahren gewohnt ist, sich ruhig hinzusetzen und dann mental
einen von zwei verstorbenen, von ihr sehr geliebten und hochgeschätzten, nahen
Blutsverwandten um Rat zu fragen. Sie sieht dann diese Person \or sich, hört
ihre Stimme und erhält den gewünschten Rat. Auf meine Bitte versuchte sie
in derselben Weise auch von noch lebenden geliebten Verwandten, die sie sich
ebenfalls außerordentlich lebhaft \orstellen kann, eine Antwort zu bekommen.
Dieser Versuch war aber erfolglos. Sie meint, daß die gestorbenen Verwandten
in ihrem Geiste fortleben, und darüber wundert sie sich gar nicht.

Wir können uns denken, daß die im Geist dieser alten Dame selbständig
gewordenen Vorstellungskomplexe, besser als ihr bewußtes Ich, imstande sind,
aus ihrem Unterbewußtsein Daten herbeizuschaffen und zu gebrauchen, die
sie für einen vernünftigen Entschluß nötig hat. Ich halte sie für ein potentiell
spiritistisches Medium. Wäre sie bereit, sich in Trance versetzen zu lassen,
dann würden die „in ihrem Geist fortlebenden' Verwandten sich vielleicht zu
Geistern entwickeln, die für ihre Aeußerungen von ihrer Stimme Gebrauch
machen und sich auch sonst als die ihre Identität mit Verstorbenen beweisenden
Geister der Spiritisten betätigen würden.

Ein Phantom als psychoanalytischer Fall.

Von Albert Sichler, Bibliothekar an der Schweiz. Landesbibliothek in Bern.

Nachfolgend sei über einen Fall berichtet, in den ich zufälligerweise Gelegenheit
hatte hineinzublicken und den ich an Hand einiger Angaben rekonstruieren
konnte.

Die psychische Struktur des pathologischen Erlebnisses ist sehr lehrreich,
so daß es sich lohnt, den Fall als Beitrag zur Kenntnis von halluzinatorisch
entstandenen Spukgestalten eingehender zu beschreiben. Die Behandlung war
eine rein psychoanalytische und das Phantom verschwand in kürzester Zeit
unter derselben.

Die Patientin Lydia P. in Z. (16 jährig) hatte unter zwei Malen einen
schweren nächlliehen Angstanfall, der beidemal ungefähr um 41/2 Uhr auftrat
. Sie sah mit halluzinatorischer Deutlichkeit einen eleganten Herrn >on
ca. 25 Jahren, in schwarzem Gesellschaftsanzug mit schmalem, schönem Gesicht
ohne Schnurrbart, blonden Haaren, mit ernstem Ausdruck über sich
geneigt und zwar so nahe, daß sie bei jeder Bewegung ihn berühren mußte.
Das erstemal fühlte sie die kalte Berührung seiner Hand an der Wange, welche
Empfindung den ganzen Tag hindurch anhielt. Beide Male stieß sie einen
furchtbaren Schrei aus, der das nebenan schlafende Ehepaar R. jäh aufschreckte
. Die Erscheinung war so deutlich, daß Lydia an Spuk glaubte und
mit diesem Glauben auch ihre Umgebung ansteckte. Allesamt waren durch
diese Vorkommnisse sehr aufgeregt.

Lydia ist früh entwickelt, üppig; stammt von einem fragwürdigen Vater,
der wegen Kuppelei schon saß. Die Mutter ist gestorben. Seit drei Jahren
lebt sie in Z. bei Familie R., war anfänglich sehr schwierig, log und stahl,
besserte sich aber später. — Patientin schläft in einem Alkoven, der geheizt
ist, mit dem Kopf dem Ofen zugewendet. Die Tür zum Schlafzimmer des


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