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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1927.)
mit Frau R., über die sich ihr Gatte zärtlich neigt und die Wange befühlt, zweitens
, mit Herrn R., weil er mit der Frau zärtlich ist, auf die sie selbst stark
positiv eingestellt ist, drittens, mit dem Blumenmädchen, dessen angenehmes
Geschick durch die Figur des Professorensohnes angedeufet wird und viertens
mit dem Kind auf dem Bild in der Wohnung R.s. Es zeigt sich deutlich eine
erotische Einstellung zu Herrn R., der Yater und Liebhaber zugleich ist, dann
auch zu Herrn S.
Daß das Phantom nahe beim Gesicht erscheint, ist als funktionales Symbol
aufzufassen, d. h. der erotische Wunsch ist nahe an sie herangetreten, da sie
aber gleichzeitig Heiratsgedanken und damit die Erotik energisch ablehnt, so
entsieht eine starke innere Spannung und damit Angstzustände.
Wir können folgendermaßen resümieren: Patientin L. P. ein frühreifes
Mädchen mit starker Libido, verdrängt ihre erotische Erregung ins Unterbewußte
, wodurch eine starke Stauung psychischer Energie entsteht, die dann
auf Seitenwegen durchbricht, d. h. auf die optischen Zentien übergreift und
dort visuelle Halluzinationen von starker Gestaltungskraft auslöst. Oder mehr
psychologisch ausgedrückt: durch die libidinöse Erregung, die ins Unbewußte
verdrängt wurde, kommt während des Schlafes ein VeTdichtungsprodukt
zustande, das wie bei der Traumarbeit, aus einem Komplex gleichsinniger
Eindrücke entsteht und sich zu halluzinatorischer Deutlichkeit steigert.
Es wurde schon eingangs bemerkt, daß die Patientin im Verlauf weniger
Sitzungen von ihren Angstanfällen und Spukideen geheilt wurde, dafür gingen
dann die Spukideen und die Spukfurcht vorübergehend auf Frau R. über.
Kritik und Methodik.
Abwehr.
Von Dr. Emil August Glogau (Frankfurt a. M.)
Das Dezemberheft 1926 dieser Zeitschrift beschäftigt sich in einem
polemischen Artikel „Metaphysik) und Pknlpsychisimus" von Dr. Rudolf
Tischner mit meinen Aufsätzen „Reilrag zur parapsychologischen Forschung *
im Juliheft und „Natürliche Magie und Panpsychismus." im Oktoberheft 1926
d. Z. Leider ist mir eine ausführliche Replik verwehrt, ich muß mich auf einei
kurze Abwehr beschränken.
Meine Aufsätze hatten dieselbe Absicht, wie Marcinowskis schöne
Arbeit „Der Okkultismus als Weltanschauungsproblem": die sinnvolle
Schwingungslebendigkeit flutenden Stromes im All durch die Denkarbeit der
Philosophen, Physiker und Parapsychologen in panpsychistisch-teleologischem
Sinne nachzuweisen und Aksakows animis tische Theorie durch die moderne
Parapsychologie bestätigt zu finden: daß ein psychisches Element nicht bloß
ein einfaches Rewußtseinsphänomen, sondern auch ein substanzielles Kraftzentrum
sein kann, welches denkt und organisiert. Obgleich nun Tischner behauptet
, auf diesem animislischen Boden zu stehen, betont er den „ungeheuren
prinzipiellen Unterschied von Physis und Psyche, der aufs schärfste auseinander
zu halten ist", den Gegensatz \on Leib und Seele und „billigt" dem Psychischen
gegenüber dem Physischen eine Selbständigkeit zu. Er setzt sich also in Gegen-
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