http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0375
1
Platz: Auch ein Okkulttsmus-Gegner. 353
seiner Hypothese — etwa einer Nürnberger Scheere — festhalten? Gegen die
Annahme der Mitwirkung „unbekannter Kräfte" soll nach D. sprechen, daß
solche Kräfte „dann irgendwie auch in geringerem Maße für gewöhnlich spontan
an den Medien auftrelen müßten". Aber letzteres ist ja gar nicht so seitein
(namentlich beim „Spuk") tatsächlich der Fall! Ueberdies ist es prinzipiell
unzulässig, Naturerscheinungen a priori vorzuschreiben, wann sie spontan oder
sonstwie aufzulreten hätten. Eben weil sie Naturerscheinungen sind („Natur"
im Sinne des durchweg als gesetzmäßig angenommenen Zusammenhangs der
ganzen Erscheinungswelt), treten sie nicht auf Kommando, sondern nur im
Kähmen ihrer eigenen Gesetzlichkeit auf — und dem müssen wir uns fügen,
denn „natura non vincitur nisi parendo", die Natur lernen wir nur beherrschen,
indem wir ihren Gesetzen uns fügen. Auj dem gleichen Gesichtspunkt erledigt
sich das Argument D.s gegen die Telekinese: „Warum werden dann nicht alle
Gegenstände in Bewegung gesetzt und nicht dauernd während des ganzen Trance-
zustandes?" Ebensogut könnte man fragen, warum zieht denn ein Magnet nicht
alle Stoffe an und warum blühen die Bäume nicht andauernd?
Aehnlich steht es mit der Bemerkung (S. 353"), die Empfindlichkeit der
Medien und ihre körperliche Abwehr gegen Eingriffe wie plötzliches Lichtmachen
, schließe eine „Bewußtlosigkeit völlig aus" und beweise bewußte
Täuschung. Hat D. nie von unbewußtem Tun, von reflektorischen Abwrehr-
bewegungen usw. gehört?
Mit beneidenswerter Genügsamkeit versichert uns D. (S. 357) »Für uns
haben sich die Dinge nun voll geklärt"; „Wir haben eine völlige Erklärung derselben
(der Vorgänge an Mrs. Piper) zu geben vermocht." — Ueber die Materialisationen
weiß D. nicht viel mehr zu sagen, als daß einem gewandten Taschenspieler
in fast dunklem Zimmer „plötzlich ein Stück feuchte Mullbinde zum
Mund heraushängt." — Was helfen da alle noch so genauen Tatsachenschilderungen
, Photographien, Abgüsse u. dgl.? Niemand ist bekanntlich so blind
als der, der nicht sehen will. *
Wenn D. sich u. a. auf die „verdienstvolle aufklärende Wirksamkeit \on
M. Dessoir" beruft (S. 353), so kann man hierüber sehr verschiedener Meinung
sein; es fehlt noch daß die Herren Moll und die Verfasser des „Dreimänner-
Buchs" herbeizitiert würden. Was Dessoir betrifft, so habe ich mich schon in
meinem Buch „Das Forschungsgebiet des Okkultismus" (Stuttgart 192/») S. 197,
gegen sein naives Geständnis wenden müssen, die Materialisation einer lebensähnlichen
Hand sei ihm so unausdenkbar, daß er sich „gegen diese Behauptung
sträuben werde", solange er überhaupt zu denken vermöge (Dessoir „Vom
Jenseits der Seele", Aufl. 4 und 5, S. 168). Also im Voraus wird festgelegt,
was man je erfahren und anerkennen könne und was nicht. Das ist nicht di©
geistige Haltung eines Forschers, sondern eines Dogmatikers!
Wie wirklichkeitsfremd auch sonst die Urteile >on Gelehrten sind, wenn sie
auf das ihnen fremde Gebiet des Okkultismus geraten, zeigt beispielsweise der
Ausspruch von Prof. Haeberlin („Das Geheimnis der Wirklichkeit", Basel 1937,
S. *?35), die okkultistischen Erkenn Inisversuche ständen unter einer anderen
als der „gewöhnlichen" Logik! Richtiger ist seine Konstatierung (S. 23q—t\o),
daß es „für jeden Zustand der Erkenntnis Phänomene gibt, die (noch) nicht in
das geordnete Weltbild einbezogen sind''. Ferner: „Jedes Erkenntnissystem
(ist) ... insolange und soweit für uns brauchbar, als es unserem Erkenntniswillen
genügt; wir können mit ihm... arbeiten, solange wir nicht (logisch) genötigt
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0375