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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1927.)
Wäre der Verfasser nicht so offenkundig unwissend, so müßte man ihn unwahrhaftig
nennen.
Es schien eine Zeitlang, als wenn Deutschland in der Parapsychologie am
spätesten Anteil an der Weltentwicklung bekommen würde und überhaupt schon
zu spät komme. So wie die Dinge sich inzwischen in London und Paris gestaltet
haben, scheint es nun doch noch sogar an die Spitze zu gelangen und das erste
Land werden zu wollen, in dem die paraphysischen Phänomene den Einzug in die
Wissenschaft halten. Es gibt heute sicherlich kein Land, in dem bereits so viele
beamtete Gelehrte von der Realität derselben überzeugt sind. Die philosophische
Ueberlegenheit Deutschlands über die übrige Welt offenbart sich auch hier wieder.
Oesterreich, Tübingen.
Handbuch der vergleichenden Psychologie. Unter Mitarbeit von R. Ailers,
Wien; A. Fischer, München; Fr. Giese, Stuttgart; M. H. Göring,
Gießen; H. W. Gruhle, Heidelberg; H. Gütz mann, Berlin; O. Lip-
mann, Berlin; R. Müller-Freienfels, Berlin; U. Runze, Berlin;
S. de Sanctis, Rom; R. Thurnwald, Halle; herausgegeben von Gustav
Kafka, Dresden. 3 Bände mit 24 Tafeln und vielen Abbildungen im
Text. München, Verlag E. Reinhardt 1922. Jeder Band brosch. 12 M., geb. 15 M.
Das vorliegende Handbuch, dessen Besprechung dem Unterzeichneten schon
lange obliegt, läßt die rapide Entwicklung der modernen Psychologie viel handgreiflicher
erkennen, als die allgemeinen Lehrbücher. Wir sind schon geraume
Zeit in dem Stadium, in dem kein einzelner mehr den Gesamtumfang der Psychologie
zureichend darzustellen imstande ist. Das Unternehmen müßte schon daran
scheitern, daß er, mit der Arbeit auf einem Gebiet beschäftigt, den Publikationen
auf anderen nicht zu folgen vermöchte. So ist denn hier zum ersten Male das
Ganze der Wissenschaft unter zwölf Einzelforscher aufgeteilt worden.
Der Inhalt der einzelnen Bände ist dieser:
Bd. I: Die Entwicklungsstufen des Seelenlebens; G. Kafka: Tierpsychologie;
R. Thurnwald: Psychologie des primitiven Menschen; F. Giese: Kinderpsychologie.
Bd. II: Die Funktionen des normalen Seelenlebens; H. Gutzmann: Psychologie
der Sprache; G. Runze: Psychologie der Religion; R. Müller-Freienfels: Psychologie
der Künste; A. Fischer: Psychologie der Gesellschaft; O. Lipmann: Psychologie
der Berufe.
Bd. III: Die Funktionen des abnormen Seelenlebens; H. W. Gruhle: Psychologie
des Abnormen; M. H. Göring: Kriminalpsychologie; S. de Sanctis: Psychologie
des Traumes; R. Allers: Psychologie des Geschlechtslebens.
Die einzelnen zwölf Teile sind separat käuflich, doch scheint von dieser Möglichkeit
wenig Gebrauch gemacht zu werden. Mit Recht. Das Werk verdient als
Ganzes gekauft zu werden. Es stellt eine ausgezeichnete Ergänzung zu jedem allgemeinen
Handbuch der Psychologie dar. Es gibt keins unter ihnen, welfches
nicht diese Ergänzung nötig hätte.
4. Andererseits müßte vor dem Mißverständnis gewarnt werden, als könnte das
werk an Steile der gewöhnlichen Lehrbücher rücken und sie ^gleichzeitig mit vertreten
. In Wirklichkeit setzt es sie voraus. Eine Einführung in die Psychologie ist
es nicht.
Eine Lücke auch in diesem Werk stellt es dar, daß der Parapsychologie noch
kein eigener Abschnitt gewidmet ist. Immerhin reicht die Darstellung an einzelnen
Stellen bereits dicht an sie heran, und die ganze Atmosphäre, die an
solchen Stellen zu verspüren ist, weicht schon merklich von der älteren ab.
In der Zukunft — wohl nicht allzu ferner — wird man es einmal als sehr seltsam
empfinden, daß außerhalb und gleichzeitig mit den übrigen psychologischen
Disziplinen ein Sonderzweig von ihr bereits eine recht erhebliche Entwicklung
gefunden hat, ohne daß die meisten, nicht an dieser Arbeit unmittelbaren Anteil
habenden Psychologen, etwas Näheres davon wußten.
Oesterreich, Tübingern
Augustinus. Eine Psychographie. Von Dr. med. B ernTiard Legewie. Verlag
A. Marcus & E. Weber, Bonn. 133 Seiten. Preis 7 Mark.
Der heilige Augustinus, diese gewaltigste Erscheinung des christlichen
Altertums, sein Leben sowie seine Lehre, war für zahlreiche Geister ein Gegenstand
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