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Lambert: Die Experim. m. Eusapia Paladino u. ihr Kritiker Rosenbusch. 419
I.
Für die Laufbahn Eusapias sind zwei Dinge charakteristisch, erstens der
zweifellose häufige Betrug, zweitens die vielen Phänomene bei gutem Weißlicht
und guter Kontrolle. Vor allem der zweite Punkt stellt Eusapia über
die meisten anderen Medien.
Ich halte es nun für inkorrekt, wenn Anhänger Eusapias in Abhandlungen
von nennenswerter Länge den Betrug zu erwähnen vergessen; ich habe deshalb
diese Seite des Problems in meiner ersten Schrift „Geheimnisvolle Talsachen",
wie in meiner Eusapiamonographie (gr. M.) eingehend erörtert. Für ebenso
inkorrekt halte ich esi wenn Eusapias Kritiker Rosenbus'ch vollständig verschweigt,
daß bei Eusapia ein großer Prozentsatz der Phänomene im besten Licht erfolgte.
Das muß unbedingt hervorgehoben werden, mag man sich schließlich zu diesen
Phänomenen stellen wie man will. Man sollte denken, daß hierüber unter
Autoren, die nicht nur ihre Schreibfertigkeit dokumentieren, sondern zugleich
ihre Leser orientieren wollen, Einmütigkeit herrschen müßte. Dem Umstand,
daß Herr Rosenbusch in seiner Verteidigung (K. 0. 2i3—32) gegen meine
Vorwürfe diese Inkorrektheit in keiner Weise bedauert, ja kaum berührt, entnehme
ich mit Interesse, daß es Autoren gibt, für die solche Selbstverständlichkeiten
nicht gelten. Herr Rosenbusch behauptet allerdings, seine Verschweigung
bedeute nur eine erlaubte Auswahl (K. 0. 21doch darf eine solche Auswahl
nie dazu führen, grundlegende Tatbestände einfach zu übergehen. Da ich kaum
annehmen konnte, daß dies aus Ignoranz geschah oder daß die fixe Idee des
Betrugs so weitgehende Verschweigungen Herrn Rosenbusch selbst unbewußt
hervorgerufen hatte, war ich zunächst keinen Moment im Zweifel, daß die
Unterdrückung von Eusapias besten Phänomenen einer illoyalen Absicht
Dr. Rosenbuschs entspringen mußte (gr. M. io4). Als ich aber durch Baron
Schrenck-Notzing von Rosenbuschs sittlicher Entrüstung über meinen Vorwurf
hörte, nahm ich denselben (Juli 1926) in folgender Erklärung, die Dr. Rosenbusch
durch Baron Schrenck zuging, in weitem Umfang zurück: „Aus der sittlichen
Entrüstung des Herrn Dr. Rosenbusch entnehme ich, daß ich mich offenbar
täuschte, wenn ich glaubte, daß die zahllosen 'Irrtümer, Entstellungen
und Weglassungen in Dr. Rosenbuschs Eusapia-Arbeit einer bewußten Absicht
des Dr. Rosenbusch entsprangen; vielmehr scheint der Ursprung all dieser
Irrtümer, Entstellungen und Weglassungen eine erstaunliche Leichtfertigkeit
und Unwissenheit des Dr. Rosenbusch zu sein. ' Zugleich erklärte ich mich bereit
, diesen Satz, wenn Rosenbusch Wert darauf legen würde, in der „Zeilschrift
für Parapsychologie" zu veröffentlichen. Da er mir einen Wunsch in dieser
Richtung nicht zukommen ließ, durfte ich annehmen, daß er selbst diese Erklärung
nicht für ganz richtig hielt und so ist es nicht logisch, wenn er sich
beschwert (K. O. 226), daß ich die wissenschaftliche Öffentlichkeit nicht von
meiner Erklärung unterrichtete.
„Psychische Studien" 1925, S. 643-49 (Ps.St) und im „Siebenmännerbuch", „Die
Physikalischen Phänomene der Großen Medien" 1926, S. 40-104 (gr. M.). Ferner
zitiere ichj. Courtier, „Rapport sur les seances d'Eusapia Paladino ä Tlnstitut
General Psychologique", Paris 1908 (C); Proceedings und Journals of the Society
for Psychical Research, London (Pr. bzw. J.); Fiammarion, „Unbekannte Naturkräfte
", deutsche Uebersetzung, 1908 (FL); Morselli, „Psicologia e Spiritismo"
2 Bde., Turin 1908 (Mo.) R Lambert, „Die okkulten Tatsachen und die neuesten
Medienentlarvungen", 19J5. (O. T.)
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