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Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1927.)
gutem Licht), versucht er sich an den ausgezeichneten Berichten Morseliis üher
Materialisationen hinter dem Vorhang. Zunächst erwähnt er (K. O. 2S0) Mor-
sellis Mitteilung, daß gelegentlich bei schlechtem Licht einzelne Personen Illusionen
erlagen und Dinge zu sehen glaubten, die nicht da waren, oder vorhandene
Dinge falsch deuteten (Mo. II, i63); aber in dem Teil der Sitzung, in
dem dies erfolgte, war die Beleuchtung schlecht und die Kontrollpersonen beschwerten
sich über ungenügende Kontrolle (Mo. 2, 161): trotzdem wurden die
Illusionen einzelner Mitglieder des Zirkels von den anderen nicht geteilt, so daß
keine Bede davon ist, daß der ganze Kreis getäuscht worden wäre. Gleich darauf
zitiert Rosenbusch nach mir den Satz, daß Morselli im guten zweiten Teil
dieser Sitzung sich „20 Minuten lang der herzlichsten Liebesbezeugungen (durch
eine Materialisation) erfreute''. Das klingt, aus dem Zusammenhang gerissen
und unmittelbar nach den vorhergehenden Zitaten, natürlich lächerlich, besonders
wenn man, wie Rosenbusch, dies stets tut, die gleichzeitig bestehenden
Versuchsbedingungen anzugeben vergißt. In Wirklichkeit war es so (gr. M. 88):
„Ich (Morselli t saß halb im Kabinett, links hinter Eusapia, diese zwischen den
Kontrollpersonen Porro und Venzano, die ich anfeuerte; ich fühlte mit den
Knien den Stuhl, iauf deim*lEusiapia saß, und sah auf dem hellen Hintergrund
des Ausgangs Eusapias Profil. Die hinter mir stehende etwa 90 cm von Eusapias
Schultern entfernte Materialisation erwies mir 20 Minuten lang die herzlichsten
Liebesbezeugungen: ein offenbar sehr lebendiges tastbares, aber unsichtbares
Wesen streichelte, umarmte und küßte mich mehrmals." Hier müßte Rosenbusch
annehmen, daß Eusapia ungesehen und ungefühlt \on Porro und Venzano
sowie von Morselli hinter diesen und den Vorhang trat und Morselli 20 Minuten
lang, 1 m \on ihrem Stuhl entfernt, bearbeitete, während Porro und \enzano
sie vor dem Vorhang zu halten glaubten und Morselli ihr Profil vor sich sah.
Die Annahme einer derartigen Impotenz dreier Gelehrter sogar bei Beobachtungen
in einem Licht, das die Gesichter und die Umrisse der Gegensläncle
zu sehen erlaubte, ist unsinnig, zumal ähnliche Phänomene sich immer wieder
ereigneten (gr. M. 87—92).
Ueber einen anderen Fall schreibt Gellona (gr. M. 92): „Der Maler R. küßt
die Erscheinung (d,e hinter dem Vorhang gegen ihn vordringt) und wird von
ihr geküßt; ich nähere mich dem Vorhang, um die Materialisation zu sehen,
und fahre fort, Eusapia zu kontrollieren: aber ich sehe nur den nach äußern
aufgebauschten Vorhang, während R. immer noch die ihn küssende Materialisation
fühlt.'* Rosenbusch nimmt an CK. 0. 23i), daß Eusapia selbst die küssende
Materialisation figurieren konnte, und zwar weil nur eine blaue elektrische
Lampe brannte, über deren Stellung nichts gesagt ist. Das heißt, die Stupidität
der zwei Beobachter doch wohl allzu hoch einschätzen, denn die Beleuchtung
muß immerhin derart gewesen sein, daß Gellona es sinnvoll fand, hinler den Vorhang
zu blicken, es mußte also leicht sein, festzustellen, ob Eusapia selbst sich
vor oder hinter dem Vorhang befand. Nur bei Trunkenheit konnten beide Beobachter
in einem Licht, das ausreichte, hinler den Vorhang zu blicken, os übersehen
, wenn Eusapia aus der besseren Beleuchtung vor dem Vorhang, wo sie alle
drei saßen, längere Zeit verschwand. Um Rosenbusch eine Freude zu machen,
will ich jedoch annehmen, daß die zwei Herren wirklich tölpelhaft genug waren,
sich so täuschen zu lassen; vieileicht hat dann Rosenbusch dafür die Freundlichkeit
, mir den viel besseren Bericht Morseiiis zu erklären, den ich unmittelbar
vor demjenigen Gellonas zitierte; da heißt es (gr. M. 91;: ,,Kontrollpersonen
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