http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0455
Lambert: Die Experitn. m. Eusapia Paladino u. ihr Kritiker Rosenbusch. 439
Nachweis ob, daȧ es wirklich beteiligt ist, nicht dem, der die Beteiligung dieses
Agens bestreitet. Unsere Gegner könnten allerdings versuchen, umgekehrt zu
sagen: da die Parapsychologen die Mitwirkung okkulter Kräfte behaupten, ist
es an ihnen, deren Mitwirkung zu beweisen und nicht an uns, dieselbe zu widerlegen
. Dieser Einwand ist prinzipiell falsch; neue physikalische oder okkulte
Kräfte können definitionsgemäß nur dadurch erwiesen werden, daß man sehr
wahrscheinlich macht, daß die bisher bekannten Kräfte zur Erklärung gewisser
beobachteter Tatsachen nicht ausreichen. Ein absoluter Beweis
in dieser Richtung ist nie möglich, da es stets denkbar bleibt, daß es doch
jemand gelingt, diese Vorgänge durch irgendeine Kombination der früher bekannten
Kräfte zu deuten.
Aber die Wahrscheinlichkeit einer solchen Möglichkeit ist in vielen Fällen
verschwindend klein. Daß die Lebens Vorgänge ohne den von Driesch behaupteten
entelechialen Faktor erklärbar sind, ist sehr unwahrscheinlich, daß die vielen
parapsychischen Phänomene, zu deren Deutung selbst Baerwald, Klinckow-
stroem und Rosenbusch, die Telepathie annehmen, je sollten erklärt werden
können, ohne daß man mindestens diesen okkulten Faktor anerkennt, ist
wiederum ungeheuer unwahrscheinlich, obwohl z.B. Herr Moll viel „kritischer**,
als Rosenbusch selbst die Telepathie bestreitet; und zwar eben auf Grund der
Tatsache, daß auf unserem Gebiet, wie — was diese Leute übersehen — in
allen nicht mathematischen Wissenschaften der 100 proz. Beweis unmöglich
ist. Höchst unwahrscheinlich ist es ferner, daß man die Hunderte von Tele-
kinesien Eusapias in vollem Licht durch bloße Verwendung ihrer Hände und
Füße, sowie etwa „mikroskopischer Behelfe" erklären kann. Unseren Gegnern
liegt der Nachweis ob, daß wir uns täuschen; auch Graf Solovovo, einer der
Herausgeber der Zeitschrift für kritischen Okkultismus, schrieb nach dem Studium
des Taschenspielerberichts (J. i4, 23i): „Ich fühle, daß wenigstens eines
von Eusapias Phänomenen für mich bewiesen ist: ich meine ihre höchst
bemerkenswerten Tisch-Levitationen,. Ich bin der Ansicht, daß nach all jenen
Untersuchungen die Beweislast in dieser Hinsicht nun denen obliegt, die behaupten
, daß Eusapias Levitationen betrügerisch sind, und nicht denen, die sie
für echt halten. Das ist immerhin etwas." Solovovos Erklärung kann nur
heißen, daß er — wie meiner Ansicht nach jeder vorurteilslose Mensch — genötigt
is(, diese zahllosen Levitationen bei gutem Licht als echt anzusehen, solange
kein Taschenspieler imstande ist, sie unter denselben Umständen nachzumachen
. Auch Prof. Dessoir sagt über einen anderen Fall (Vom Jenseits der
Seele 1919, S. 19): „Mit dem unbestimmten Gerede von Betrug überhaupt ist
der Wissenschaft nicht gedient; solange nicht die von den Untersuchern getroffenen
Vorsichtsmaßregeln als unzureichend nachgewiesen sind, kann die
Betrugstheorie nicht als zulängliche Erklärung anerkannt werden/4 Diesen
Nachweis kann man jedoch für Eusapia nur führen, wenn gezeigt wird, daß
ihre guten Telekinesien und Materialisationen von irgendeinem Taschenspieler
unter denselben Bedingungen nachgemacht werden können: auf diesem Weg
haben Davey und Hodgson die mangelnde Beweiskraft der TafelschrifI en
Eglintons und anderer nachgewiesen (Pr. Bd. f[ u. 8). Daß es keinen anderen W eg
geben kann, auf unserem Gebiet zum Ziel zu kommen, darüber sollte unter vernünftigen
Menschen eine Einigung möglich sein; wenn Rosenbusch und seine
Freunde diesen Weg einschlagen, werden sie unserer Sache einen großen Dienst
leisten, da es unerläßlich ist, festzusteilen, wie weit die Kunst des Taschen-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0455