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Fachliteratur des Auslandes.
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Urheberrechts. Kemmerich hatte ein ihm vertraulich zur Einsicht von Gruber geliehenes
, bisher nicht publiziertes Manuskript auf 27 Seiten teils im Auszug4, teils
wörtlich ohne Erlaubnis veröffentlicht.
Zuchthausstrafe für Leo Erichsen. Wir lesen in der 5. Beilage der „Leipziger
Neuesten Nachrichten" vom 19. Juni 1927: Seit Donnerstag fand, wie gemeldet,
in Hirschberg i. Schi, ein Prozeß gegen den bekannten Schriftsteller und Vortragskünstler
Leo Erichsen statt, der beschuldigt war, ein unbescholtenes Mädchen
hypnotisiert und sich an ihm vergangen zu haben. Nach umfangreicher Beweisaufnahme
sowie nach Anhören zahlreicher Sachverständiger wurde am Sonnabend
nach längerer Beratung das Urteil gefällt. Es lautete wegen Notzucht auf
IV2 Jahre Zuchthaus und drei Jahre Ehrenrechtsverlust. Erichsen hat an die
Nebenklägerin außerdem eine Buße von 3000 M. zu zahlen. In der öffentlich gegebenen
Begründung des Urteils führte der Vorsitzende aus, daß der Gerichtshof
der Hauptzeugin (einem Frl. H.) vollen Glauben geschenkt habe. Die
Aussage sei auch durch die übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen
bestätigt. Es stehe demnach fest, daß Erichsen sich an der H. vergangen hat,
nachdem er sie durch Hypnose in einen willenlosen Zustand versetzte. Damit sei
der Tatbestand der Notzucht erfüllt. Mildernde Umstände wurden bei der Schwere
der Tat versagt. Erichsen wurde wegen Fluchtverdachts sofort in Haft genommen.
Fachliteratur des Auslandes.
Quarterly Transactions of the British College for Psychic Science. Vol. VI, Nr. 1,
April 1927, S. 1—78.
In den „Bemerkungen des Herausgebers" bespricht De B r a t h die Bedeutung
der physikalischen Erscheinungen des Mediumismus, deren Wichtigkeit vielfach
unterschätzt werde. (Dies gilt bekanntlich besonders für England infolge der lange
Zeit völlig ablehnenden und noch immer übervorsichtigen Einstellung der S. P. R.
hierzu.) Mit Recht verlangt Brath unter Anführung von Worten üeleys hierbei
unbedingt immer angemessene Kontrolle.
An dem Aufsatz „Persönliche Erfahrungen und Meinungen" von J. Arthur
Hill, einem früher leidenschaftlichen Freidenker, und späterem Verfasser philosophischer
und parapsychologischer Werke, interessieren besonders die Bemerkungen
über die sich auf 20 Jahre erstreckenden Sitzungen des Verfassers mit dem
Medium Aaron Wilkinson, Hill hat ^örtliche Sitzungsberichte angelegt. In die
Mitteilungen dieses Mediums menge sich nichts Persönliches, entweder versage
es völlig oder das Hellsehen sei ein fehlerfreies. Schon beim ersten Zusammentreffen
1908 beschrieb Wilkinson zutreffend mehrere verstorbene Angehörige Hills.
Später meldeten sich junge Soldaten, Freunde von Raymond Lodge, und zwar unter
Angabe des Namens, Alters, Regiments, Todesjahres und anderer Einzelheiten.
Sie waren Hill gänzlich unbekannt, ja er hatte nie jemand getroffen, der sie
kannte. So scheide Gedankenübertragung — so meint Hill — von ihm aus oder von
anwesenden, aber auch von abwesenden Personen gänzlich aus. Diese letzte Theorie
besonders zählt Hill zu den unbewiesenen Aushilfs-Schreibtisch-Theorien der Ani-
misten, denen gleichsam bewiesene spiritistische Tatsachen gegenüberstünden. „Die
Wissenschaft schreitet vor durch Verbindung von Suche nach den Tatsachen und
der Aufstellung von Hypothesen. Die Sucher von Tatsachen haben die härtere
Aufgabe, was — glaube ich — nicht immer genügend anerkannt wird. Ich bekenne
mich zu dem Wunsche, daß die Hypothesenmacher für eine Zeit einen Maulkorb
bekommen, so daß wir mit der Arbeit fortfahren können, ohne uns zur Seite
wenden zu müssen, um eine phantastische Idee eines einbiidungsreichen Schreibers
zu widerlegen."
Den Rest des Aufsatzes bilden zum Teil philosophische und erkenntnistheoretische
Auseinandersetzungen mit rationalistischen Anschauungen. Ein Satz daraus
als Beweis von Hills kühler Einstellung: Würde die Vernichtung (der Persönlichkeit
) als Tatsache bewiesen, so würde ich — denk ich — den Beweis mit Gleichmut
hinnehmen.
In dem Beitrag „Uebernormale Erscheinungen bei Herrn Melzer, dem Dresdener
Apportmedium" faßt J. Hewat Mc Kenzie die jüngsten Sitzungen mit
Melzer im College, im Okt. und Nov. 1926, zusammen. Herr Melzer ist jetzt
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