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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. TAugust 1927.)
Bis vor einigen Jahren lebte in diesem Gute neben der Familie meines
Onkels meine Großmutter, die sich als Alterswohnung einige Meter von dem
Gute ein Landhaus bauen ließ; sie lebte dort bis 1918, während das erste Stockwerk
von einer Kantorswitwe nebst deren Schwester bewohnt wurde. Meine Großmutter
, deren Profil mich immer an Dante erinnerte, hatte zahlreiche Hellgesichte
, behauptete, meinen Vater bei dessen Abscheiden gesehen zu haben, und
gab an, daß sie auch im Hofe selbst öfters unerklärliche Geräusche gehört habe.
Von den Obengenannten starb die Schwester der Frau Kantor Mitte September
1926. Vier Tage vorher — an einem Vormittage — teilten zwei Mägde meinem
Onkel mit, daß sie im Auszugshause gewesen seien und in dem Zimmer der
Nordostecke vom Fußboden aus laut vernehmliche Klopflaute gehört hätten,
deren Ursprung sie nicht anzugeben vermochten Mein Onkel begab sich an den
Tatort und stellte dasselbe fest; die Klopf laute waren so stark, als wenn man
etwa mit einem Holzschuh kräftig auf den Boden schlägt, sie steigerten sich
zusehends und ließen sich, von Pausen unterbrochen, länger als eine Stunde
hören, während sich die Anwesenden vergeblich mühten, dem Urheber auf die
Spur zu kommen. Es schien, als wenn sich jemand in immer steigendem Maße
bemühte, auf diese Weise die Aufmerksamkeit anderer zu erregen. Nach Angabe
meines Onkels kamen Tiere wie Spechte, Marder usw. deshalb nicht als
Urheber in Betracht, weil die Laute im Vergleich ,zu jenen viel zu stark waren,
auch war der ganze Raum so mit Grummet erfüllt, daß sie dort bei längerem
Aufenthalte erstickt wären. Pferde oder Menschen befanden sich zu der fraglichen
Zeit nicht in dem Stalle des Erdgeschosses, der unter dem betr. Räume
gelegen ist; auch untersuchte ihn mein Onkel sogleich daraufhin, so daß, während
er sich in dem Stalle befand, die Laute über ihm deutlich vernehmbar
waren. Ein Mensch kommt aus dem schon angegebenen Grunde nicht als Urheber
in Betracht. Es sei noch hinzugefügt, daß sich etwa im Jahre 1800 oder
1802 in dieser Wohnung ein Auszügler gehängt hat, und daß meine Großmutter
behauptete, daß es dort spuke; man könnte also immerhin versucht sein, diese
Laute in Zusammenhang mit ähnlichen Berichten zu bringen, wonach an Orten,
wo Selbstmord usw. stattgefunden hat, sich noch lange nachher unerklärliche
Klopflaute hören ließen.
Die betr. Schwester der Kantorswitwe starb, wie erwähnt, vier Tage nachher
, und zwar abends 9 Uhr im ersten Stockwerk des Landhauses, während die
rftopflaute vormittags zu der gleichen Zeit in dem Auszugsgebäude gehört wurden
. In dem Augenblicke ihres Todes erlosch in Gegenwart von mehreren Personen
im Erdgeschoß des Landhauses, das nach dem Tode meiner Großmutter
von dem Schwiegersohn meines Onkels nebst dessen Frau bewohnt wird, ebenso
wie im ersten Stockwerk das elektrische Licht; die Leitung soll nach der Angabe
der Hausbewohner in diesem völlig intakt gewesen sein, während die im Erdgeschosse
bereits vorher öfters versagt hatte. Es mag nur noch erwähnt werden,
daß meine Großmutter der betr. Frau bei ihren Lebzeiten sehr nahestand;
übrigens ist seitdem nichts Auffälliges mehr in dem Gute gehört worden, und
das fragliche Zimmer ist jetzt vollständig ausgeräumt, so daß nach eingehender
Besichtigung die Möglichkeit, daß jene Klopflaute etwa einem Tiere im Mauerwerk
u.dgl. zuzuschreiben wären, vollständig ausgeschaltet werden muß.
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