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Drksch: Die Methoden der parapsychologischen Theorienbildung.

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Wir kommen nun zu einigen feineren theoretischen Problemen: und zwar
zunächst zur Frage der Klassifikation.

Hier ist, wenigstens zu Beginn der Arbeit, große Vorsicht geboten. Es mag
ja sein, obwohl ich es nicht für sehr wahrscheinlich halte, daß letzthin alle
parapsychologischen Erscheinungen auf eine Quelle zurückgehen. Wir wissen
das aber doch nicht bei Beginn der Untersuchung. Zunächst gibt es einmal die
beiden großen Gruppen, die physischen und die seelischen Erschei-
nungen Und auch in jeder dieser Gruppen müssen wir noch Unterscheidungen
treffen: Spontane Telepathie ist nicht dasselbe wie Gedankenlesen und Hellsehen
, obschon sie dem ersten näher steht als dem zweiten. Und Hellsehen in
die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft (Vorahnung, Prophetie)
müssen zunächst auch gesondert behandelt werden. Dasselbe gilt von der söge-
nannten Psychometrie. Auf dem physischen Gebiet scheint eine nahe Verwandt-
Schaft zwischen Telekinese, Levitation und Materialisation zu bestehen; aber
Apporte würden, wenn wir sie überhaupt zulassen, etwas anderes bedeuten, denn
sie schließen eine De- und eine Be-Materialisation der sogenannten Materie ein.

Nur auf diese Weise schützen wir uns vor Voreiligkeiten. Man denke an
die Physik: lange Zeit waren die Optik, die Thermik, die Mechanik, Akustik,
Elektrik gesonderte Wissenschaften und hatte jede von ihnen ihre eigene Theorie.
Dann kamen Mechanik und Akustik zusammen; die Thermik schloß sich ihnen
an; die Optik wurde zu einem Teil der Elektrik. Endlich kamen die beiden
großen Gruppen, die Physik der Materie und die Physik des Aethers, zusammen;
heute haben sie sich sogar mit der Chemie vereinigt. Alles ist hier zu großer
Vollendung gekommen, un3 zwar gerade, weil jedes einzelne Feld solange
mit äußerster Sorgfalt für sich behandelt war. —

Unsere nächste theoretische Vorschrift lautet: Versuche Brücken
zu bauen.

Was soll das nun heißen? Wir meinen, daß wir versuchen müssen, die
verschiedenen Gruppen unserer Tatsachen in Verbindung zu bringen mit Tat-
sachengruppen anerkannter Wissenschaften. Natürlich nicht in dem Sinne, als
ob es gar nichts Neues in unseren Tatsachen gebe, sondern nur so, daß es schon
gewisse wohlbekannte Gesetze in den anerkannten Wissenschaften gibt, deren
Geltungsbeieich wir nur zu erweitern brauchen, um die neuen Tatsachen wenigstens
im Prinzip zu verstehen. Dieses war der Hauptgegenstand meiner Londoner
Rede, und ich sage hier daher nur das eine, daß alle physischen Erscheinungen,
welche im Zusammenhang mit dem Körper eines Mediums geschehen,
zur vitalistischen Biologie und zur Lehre von den physischen Wirkungen der
Suggestion in Beziehung gesetzt werden können, während Telepathie, Gedankenlesen
und Hellsehen vielleicht einigermaßen verständlich werden auf der Grundlage
gewisser Lehren, welche bereits im Gebiete der allgemeinen Metaphysik
des Wissens bekannt sind (Einheit alles Geistigen, Monadenlehre von Leibniz
usw.). —

Wir kommen izum wichtigsten Punkt unserer Erörterung; dieser lautet:
Sorgfältige Zergliederung der Tatsachen selbst.

Das bedeutet nun recht verschiedenartige Dinge; die methodologischen Forderungen
Descartes' treten hier auf und ebenso J. St. M i 11' s Lehre von
der wissenschaftlichen Induktion mit ihren verschiedenen Regeln.

Gib dich unbefangen einer Tatsache, die du vorfindest, hin. Frage dich
zunächst, ob sie etwas Einfaches oder etwas Zusammengesetztes bedeutet; wenn

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