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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. (August 1927.)

einer höheren Biologie, gegenüber der an den Universitäten allgemein gelehrten
gelten. Aber die Unterschätzung des Stoffes bei ihm hat doch eine große
Schattenseite: sie läßt ihn am Verständnis des Werdens überhaupt scheitern.
In folgender Weise ergibt sich das. Form im platonischen Sinne ist etwas
Allgemeines, Ueberindividuelles — wozu sich Driesch neuerdings direkt selbst
bekennt! —; wie nun aber die allgemeine Idee zur Materie, zu den konkreten
Stoffteilchen kommen soll, das ist im Piatonismus immer dunkel geblieben
und ist auch von Driesch nicht aufgehellt worden. Hier setzt nun mein Vitalismus
ein, auf den ich jetzt eingehen muß, wenn wir das Wesen der psychischen
Gestalt begreifen wollen. Ich bin als Vitalist immer (seit 1903 mein Buch:
Vitalismus erschien) dafür eingetreten, daß Leben nicht gleich Form, wie bei
Driesch, zu setzen ist, sondern gleich Bewußtsein. Dieses Bewußtsein ist
Träger der Form, ist selbst aber untrennbar dem Stoffe verbunden, der durch
seine Gegenwart den Charakter des lebenden Plasmas, der histologischen Struktur,
der Nervensinnesstruklur usw. annimmt. All diese Strukturen entstehen durch
das Leben und sind mehr oder weniger selbst lebendig. In einer Vortragsserie
des vorletzten Jahres habe ich über diese verschiedenen Bewußtseinsformen,
die uns bei den Organismen entgegentreten, gesprochen, habe darzulegen mich
bemüht, was Zeugungs- und was Entwicklungsbewußtsein ist und wie sich diese
beiden zum sinnlichen und übersinnlichen Bewußtsein verhalten. In dieser
Bewußtseinslehre als Kern meines Vitalismus ergibt sich die so lange fehlende
Brücke zwischen Aristoteles und Plato, zwischen der Scholastik und Driesch.
Denn dies Bewußtsein stellt sich speziell in Hinsicht auf die Entwicklung dar
als qualitätenschaffender Entwicklungstrieb — worin es der Forma substantialis
entspricht — und zugleich als Träger der Form, die in den werdenden Qualitäten
eingeht — worin es der platonischen Idee entspricht. Das Entwicklungsbewußtsein
ist befähigt, die allgemeine Idee in sich aufzunehmen
und durch seine Zuordnung zum Stoffe auf die
Individuen zu zerstreuen; so ist es das Mittelglied zwischen
Stoff und Idee, ja es ist direkt Vorbedingung für das Hervortreten
der Idee in der Welt, die in den Änorganismen, wie wir wohl sagen
können, schlummert, im Lebendigen aber immer vollständiger in Erscheinung
tritt. Ich sage hier nur kurz, daß das Entwicklungsbewußtsein nicht nur Ursache
der individuellen Entwicklung, sondern auch der Stammesgeschichte ist,
die eigentliche Triebkraft des organischen Werdens, der Menschheitsgeschichte,
der Entfaltung auch der künftigen Uebermenschheit, deren Beginn vor der Türe
steht. Doch darauf kann ich hier nur verweisen; wer sich dafür interessiert, sei
auf meine Bücher, vor allem auf die letzten: 'Euvitalistische Biologie, und: Die
Periodizität des Lebens und der Kultur, beide 1926 erschienen, verwiesen.

Wenn ich sage, daß durch das Entwicklungsbewußtsein die an sich selbständige
Form zur Entfaltung kommt, so will ich damit doch nicht sagen, daß
im Entwicklungsbewußtsein die Form selbst erlebt wird. Das ist ganz gewiß
nicht der Fall. Wir können das Zeugungs- und Entwicklungsbewußtsein nur
als Gefühl und Empfindung definieren, als ein Substanz- und Qualitätserlebnis
, das der Form nur ermöglicht, organisierend einzugreifen, das aber
nicht seihst die Form erlebt. Die Form bleibt unterbewußt, wie man sich
heute ausdrückt. Aber der stammesgeschichtliche Fortschritt zielt gerade auf
ein bewußtes Formerlebnis, auf bewußte Formentfaltung. Betrachten wir den
Fortschritt von den Pflanzen zu den Tieren so liegt er darin, daß sich die


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