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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. (August 1927.)
Kritik und Methodik.
Zum Fall Höpfner.
(„Orlando di Lasso".)
Von I*. phü. Otto Soeling in Berlin.
Der Universalkünstler Walter Höpfner aus Zossen war in I.Instanz am
22. Oktober 1926 vom Schöffengericht in Bautzen i. S. zu 6 Monaten Gefängnis
und zweijährigem Ehrverlust verurteilt worden. Gegen diesen Spruch
hatte Höpfner Berufung eingelegt, die in der Hauptverhandlung II. Instanz
(Große Strafkammer des Landgerichts Bautzen) am 22. und am 26. April erledigt
wurde. H. wurde e r n e u t zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er erhielt
3 Monate und einjährigen Ehrverlust.
Dem Fall H. lag folgender Tatbestand zugrunde. H. hatte im Herbst 1925
in Löbau i. S. mehrere Vorträge über Hypnose, Suggestion und Telepathie
mit Experimenten gehalten und diese Vorträge mit rücksichtslosester
Reklame ankündigt. H. nannte sich u. a. „Hofpsycholog", „ehemaliger Bediensteter
seiner Kgl. Hoheit des Herzogs Georg von Sachsen", „größter
okkulter Forscher der Gegenwart" usw. usw. Insgesamt veranstaltete Höpfner
vier Vorträge, von denen der erste wegen mangelhaften Besuches abgesetzt
wurde. Auch der zweite Vortrag war sehr mäßig besucht. Da kam Höpfner
auf die Idee, die Aufklärung einer Leichenschändung anzukündigen.
Diese Leichenschändung war vor kurzem in der Friedhofshalle in Löbau vorgekommen
(August IQ25) und bildete das Tagesgespräch der äußerst aufgeregten,
Li geängstigten Einwohnerschaft. H. War sf vorsfehtig, die hellseherische An*,
klärung als einen Versuch zu bezeichnen. In einem Inserat freilich hatte er
den Vorbehalt des „Versuches" weggelassen, also nach dem Buchstaben des
Inserates die Aufklärung zugesichert. Vor dem dritten Vortrage,
(18. Oktober 1925), der der letzte „Meisterabend" sein sollte, hatte Höpfner
(der sich als Wandergewerbescheininhaber „Orlando di Lasso" nennt) ein Telegramm
des Löbauer Magistrats erhalten, durch das ihm die bisherige Art der
Reklame verboten wurde. H. nützte dieses Telegramm aus und teilte dem
Publikum (600 Personen etwa) mit, daß er heute leider die Leichenschändung
nicht aufklären dürfe. Er machte einen Versuch, den bei einem Kürschner
Äummler vorgekommenen Pelzdiebstahl aufzuklären. Der Löbauer Kriminalkommissar
Bräunlich nahm nach dem Vortrage den H. zur Seite und
machte ihm wegen der Irreführung des Publikums Vorwürfe. H. kündigte
nunmehr den „allerletzten" Vortrag an und versprach die Aufklärung der
Leichenschändung für den 20. Oktober 1926. Am Tage vorher ging er in ein
Löbauer Cafe und fand dort günstige Gelegenheit, das zu erfahren, was überhaupt
über die Leichenschändung bekannt geworden war. Er gab dem Haupterzähler
5M. und versprach ihm für weitere „Erleichterung" seiner
hellseherischen Leistung am fälligen Vortragsabend (Besuch im Hotel am
nächsten Morgen) weitere 5o M. H. erkundigte sich auch nach dem Namen der
Hauptzeugin und nach deren Wohnung und Gewerbe.
Der letzte Vortragsabend brachte wieder 600 Leute auf die Beine.
H. machte seine übliche Autohypnose und stammelte im wesentlichen alles
das, was er nachweislich vorher erkundet hatte. Die Polizei nahm die Verfolgung
der vonH. bezeichneten Spur auf, fand aber bald, daß es eine falsche
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