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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0513
Seeling: Zum Fall Höpfner.

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Spur war. Es mehrten sich auch die Stimmen derjenigen, die sich enttäuscht
fühlten, ja „betrogen". Nun lag zwar keine formelle Anzeige
eines am Vermögen Geschädigten vor; aber die Polizei ging—unter der Initiative
des Herrn Bräunlich — von sich aus vor und ermittelte etwa 10 „Geschädigte".
So kam es zur Anklage Höpfners aus $ 263 RStGB. wegen Betruges. Die I. Instanz
(erweitertes Schöffengericht in Bautzen) hatte „Orlando di Lasso" zu der
oben erwähnten harten Strafe verurteilt. Aus der Untersuchungshaft war H.
gegen Verpfändung einer ihm gehörigen Hypothek entlassen worden. II. legte
Berufung ein.

Von Seiten der Verteidigung, die in den Händen des Rechtsanwalts Dr. Winterberg
in Berlin lag, war der Verfasser des vorliegenden Artikels als Sachverständiger
vorgeschlagen worden. Ich habe Höpfner vor Erstattung meines
Vorgutachtens sehr gründlich auf seine Fähigkeiten untersucht und festgestellt
, daß er zwar in seinen Leistungen sehr ungleich ist, aber über telepathische
Fähigkeiten verfügt. Ein Versuch schien auch zu beweisen, daß
er in schwachem Grade hellseherische Begabung hat. Er sagte nämlich richtig,
daß in einem vor ihm liegenden Brief umschlage zwei Blatt Papier liegen, von
denen das eine quer zum andern eingelegt sei. Er gab auch richtig an, daß
das eine Blatt leer, aber etwas „geknittert" wäre, während sich auf dem
andern neben der mit Schnörkel versehenen Unterschrift ein „Fleck" befände,
ähnlich wie ein rundes Bild oder Stempel. — Weder der Experimentator,
noch die anwesenden Herren wußten, was in dem Umschlage enthalten war.
Der Versuch wurde einmal im Wachzustande, anschließend aber auch in auto-
hypnoiischem Zustande vorgenommen. Ein an einem anderen Tage von einem
anderen Experimentator vorgenommener psychometrischer Versuch verlief
völlig negativ. H. hat gelegentlich eines anderen Versuches „betrügerisch
" manipuliert, um das Ergebnis zu verbessern. Er entfaltete den
von mir gereichten Brief heimlich, als er sich unbeobachtet glaubte, nahm
Kenntnis vom Datum, und gab nach Abbruch des Experimentes an, daß ihm
plötzlich noch eine Zahl auftauche. Ich habe einige Tage später dem H. ganz
gründlich meine Meinung darüber gesagt.

Herr Dr. Hellwig hatte übrigens auch die Absicht, Höpfner experimentell zu
untersuchen; denn er schrieb mehrmals an ihn und bat um Versuche im Hause
des Dr. v. Rutkowski in Berlin.

Die Verhandlung in Bautzen ist von mehrfachem Interesse
. Zunächst ist nicht uninteressant, daß Herr Dr. Hellwig gleich nach
den ersten Zeitungsnachrichten die Staatsanwaltschaft um Ueblrlassung der
Akten zur Einsichtnahme nach Abschluß des Verfahrens gebeten hat. (Brief
Hellwigs vom i3. n.25.) Interessant ist auch, daß die Akten mehrere Monate
bei Dr. Hellwig in Potsdam gelegen haben "(vom 16. i. 26 bis 3.6.26). Da
Höpfner nicht länger als etwa acht Tage in Untersuchungshaft gesessen hatte,
lag durch den Aktenversand freilich keine Gefahr für diesen vor. Dr. H e 11 -
wig hat in einem Schreiben (vom 21.7.26; an die Staatsanwaltschaft Herrn
Geheimrat Moll als Sachverständigen erwähnt, aber (in Form der Zitierung
einer Briefstelle) mitgeteilt, daß Moll ablehnen müsse wegen Vorbereitung des
Kongresses für Sexualforschung. Dr. Hellwig hat dann in
Bautzen einen Vortrag gehalten, und zwar vor der Beendigung des Verfahrens
II. Instanz. Man könnte darüber hinweggehen, wenn nicht der Sachverständige
Medizinalrat Dr. Krahi bei Erstattung seines korrekten Gutachtens bei-

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