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Zeitschrift für Parapsychologie. 8. Heft. (August 1927.)
Er habe hauptsächlich im Auge, den neuen Zweig der Forschung mit der festgelegten
Wissenschaft zu verbinden. Er folge der wissenschaftlichen Regel, das
Unbekannte auf das Bekannte zurückzuführen ...
Bezüglich des Spiritismus betonte der Redner, daß ein scharfer Gegensatz zwischen
wissenschaftlichen und spiritistischen Methoden sei. Wenn die Medien wirklich
sind, was sie zu sein behaupten, nämlich die Vermittler zwischen Lebenden
und Toten, und damit betraut, uns für ein besseres Leben vorzubereiten, so hat der
Wissenschaftler das Recht und auch die Pflicht, jede Art von Experimenten zu
versuchen, um diese Wahrheit festzustellen. Wenn die Wissenschaft niemals Experimente
macht, welche als grausam oder als sakrilegisch betrachtet werden mögen,
dann wird sie immer in einem Zustand primitiven Barbarismus sein ...
Diese Proben aus der langen Rede Rene Sudres mögen genügen, den streng
wissenschaftlichen Standpunkt des geistreichen Forschers aufzuzeigen.
3. Das Heft enthält ferner: „Weitere Experimente mit Margery", von F. W.
Hampshire. Sie werden an anderer Steile in diesen Blättern besprochen werden.
Josef Peter.
Buchbesprechungen.
Gehirn und Seele. Von Nervenarzt Dr. Paul S ü n n e r. Verlag Ullstein, Berlin.
149 Seiten. Preis brosch. 0.85 M., geb. 1.35 M.
Der Verfasser hat seine Schrift, besonders in ihrer zweiten Hälfte, in umfassender
Weise durch- und umgearbeitet, und hat zu ihren sonstigen Vorzügen, die ihr
eine wohlverdiente Verbreitung erwirkt und nach zwei Jahren schon eine neue
Auflage notwendig gemacht haben, nämlich zur übersichtlichen Gliederung des
behandelten Wissensstoffes, und zujseiwerflüssigen, fesfse Inden Darstellung, noch einen
besonderen Vorzug dadurch hinzugefügt, daß er uns im Schlußkapitel einen Ausblick
auf den gegenwärtigen Stand der Forschung über den Zusammenhang zwischen
Gehirn und Seele gewährt. Er hat dabei die neuesten Strömungen der
Philosophie in der Auffassung dieses Problems, vornehmlich Kretschmers
Charakterlehre, Dacques Natursichtigkeit und den N e o -
vitalismus von Driesch, zwar nur gestreift, aber doch in allem Wesentlichen
klar und scharf herausgehoben.
Vor allem hat er diesmal auch die Parapsychologie eingehend berücksichtigt
und der Uebersicht über ihre verschiedenen Gebiete, Theorien und Streitfragen
weiten Platz eingeräumt.
Die ganze Inhaltsschwere der Begriffe „Gehirn" und „Seele", und den ganzen
Umfang ihrer wechselseitigen Verflochtenheit macht S ü n n e r dem Leser klar,
indem er ihn zunächst in ihre geschichtliche Entwicklung einführt, ferner den
Aufbau und die Funktion des Gehirns sowie der Elemente des Nervensystems an
der Hand von Zeichnungen darlegt, sich sodann den Bewußtseins Vorgängen zuwendet
und ihren Zusammenhang mit materiellen Gehirnprozessen erörtert, um
in den folgenden Abschnitten und Kapiteln durch die Betrachtung des Unterbewußtseins
und seiner vielfach noch ganz geheimnisvollen Leistungen, ferner des
Traumlebens, der Suggestion und Hypnose sein Thema schrittweise zu erweitern
und zu vertiefen und schließlich die mannigfachen Versuche zu dessen Erklärung
kritisch zu beleuchten.
Um sich in dem ausgedehnten Fragenkomplex des Leib-Seele-Problems zurechtzufinden
, dazu kann die S ü n n e r sehe Schrift um so besser dienen, weil
sie mit Treffsicherheit überall auf das allein Wesentliche in dem vorliegenden Problem
hinweist, und weil sie ein noch vertiefteres Eindringen in dasselbe dem Leser
durch genaue Angaben der benutzten Literaturquellen erleichtert.
Noch mehr wie früher trifft das zu, was anläßlich der ersten Auflage ein Kritiker
in der „Psychiatrisch-Neurologischen Wochenschrift" schrieb: „Das Büchlein
bietet den Laien vieles, dem Durchschnittsarzt manches, dem Psychologen und
Psychiater nur noch weniges, diesesWenigeaberdochwohldenmei-
sten von uns, denn wer kann alles, was die Literatur Neues bringt, gelesen
haben?" —
Mit dieser Empfehlung wird auch die neue Auflage ihren Weg machen und
zahlreiche neue Freunde hinzugewinnen. San.-Rat Dr. Bergmann, Berlin.
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