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Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1927.)

seherischen Wahrnehmung relativ and hat zur Voraussetzung die Ehrlichkeil
der Mitwirkenden.

Unsere wissenschaftliche Betrachtungsweise ist also keineswegs vorausset-
zungslos und im ganzen nicht vergleichbar mit der mathematischen Beweisführung
. Das gilt ebensowohl für die Okkultisten wie für die Antiokkul listen.
So wird z. B. von den letzteren immer wiedler die Wichtigkeit der Taschenspielerei
bei Hervorbringung der Phänomene betönt. Ein solcher Einwurf,
etwa im Falle der Gebrüder Schneider, beruht doch auf der stillschweigenden
Voraussetzung, daß diese jungen Menschen irgendwie und irgendwo beide das
Taschenspiel gelernt hätten. Nun durchforschten wir aber das ganze Vorleben
der beiden jungen Leute, die den kleinen Ort Braunau bis zum Auftreten
ihrer Mediumität niemals verlassen haben, ziemlich genau, ohne den
geringsten Anhaltspunkt für die Berechtigung einer solchen Supposition gefunden
zu haben. Die gegnerische Annahme bleibt also bis zu ihrer Erweislichkeit
durch einen unwiderleglichen Tatbestand lediglich ^ine leere Vermutung
, ist demnach vorerst nicht geeignet, als Erklärungsprinzip für die
Phänomene der jungen Leute herangezogen zu werden. Zudem läßt sich einj
Nichtvorhandensein der Taschenspielerei oder sonstiger theoretischer Betrugsmöglichkeiten
, z. B. bei den Phänomenen der Gebrüder Schneider, überhaupt
nicht beweisen, ebensowenig wie sich beweisen läßt, daß irgendeine Person
nicht gestohlen habe. Vielmehr obliegt die Beweispflicht für die Mitwirkung
der Prestidigitation auf Grund glaubhaften Materials lediglich demjenigen
, der sie behauptet und vermutet, nicht aber der Versuchsleitung, welche
die genannten Möglichkeiten nach bestem Wissen und menschlichem Ermessen
als durch die experimentelle Methodik ausgeschlossen betrachtet.

Daß aber jedes wissenschaftlich geprüfte Medium, wie Baerwald meinl,
seine eigenen Tricks haben sollte, die nur ihm allein bekannt sind und in,
zehnjähriger experimenteller Arbeit weder von den zahlreichen Gelehrten,
Sachverständigen der Salonmagie noch von Kriminalbeamten trotz Anwendung
der schärfsten, raffiniertesten und immer wieder verbesserten Versuchsbedingungen
nicht gefunden werden könnten, daß also Hunderte von scharfsinnigen
Beobachtern immer wieder denselben Kunstkniffen hilflos gegenüberstehen
sollten, eine solche Annahme erscheint ungeheuerlich und vergewaltigt
4as gesunde Denken. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erklärung dürflo
auf kaum 2 Prozent zu setzen sein. Denn noch niemals hat ein Taschenspieler
Aehnliches» geleistet, sondern immer genügten wenige Wiederholungen desselben
Kunststücks, um den Mechanismus aufzudecken. Also ein Präzedenzfall dieser
Art, auf den sich die Gegner berufen könnten, ist überhaupt nicht vorhanden.
Wenn nun aber nach dem ersten Versuchsobjekt ein zweites, drittes und viertes
auftritt, bei welchen sich unabhängig voneinander dieselben Phänomene in
monotoner Gleichmäßigkeit abspielen, trotz Einhaltung der gleichen Versuchsmaßregeln
, so wird der Grad der Wahrscheinlichkeit für die Echtheit bestimmter
Phänomene sui generis, ohne betrügerische Provenienz, immer größer und
bekommt allmählich den Charakter einer Sicherheit, die mindestens so groß
ist, wie diejenige bei Feststellung sonstiger Tatsachen in der Naturwissenschaft.

Der Standpunkt Baerwalds, daß ein Phänomen, ein Endeffekt, der ebensowohl
real sein könne, wie sich durch Halluzination oder Taschenspielern
hervorrufen lasse, nichts beweise, erscheint logisch unhaltbar und setzt außer-


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