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v. Schrenck-Notzing: Die Beweisführung in der Paraphysik. 527

Zweifel zuverlässige Versuchsanordnung als absolute Notwendigkeit erscheinen,
ebenso wie eine genaue Protokollierung der Beobachtungen, um an der Hand
der authentischen Aufzeichnungen einer etwaigen späteren Verdrehung des
Tatbestandes wirksam begegnen zu können.

Welche Wichtigkeit ein einzelnes Detail bekommen kann, ist aus dem
Verlauf des bekannten Okkultistenprozesses in Berlin zu ersehen. Hier handelt
es sich um die Feststellung, ob Kette vor oder nach Erlöschen des Weißlichtes
gebildet wurde. Dieser Punkt war für die Beurteilung des fraglichen Reife n-
phänomens ausschlaggebend.

Die Unzuverlässigkeit der Aussagen mediumistischer Agenten über ihre
eigenen Leistungen fällt besonders stark ins Auge, wenn sich die Phänomene
in tieferen, ärztlich festgestellten Trancezuständen mit nachträglicher Amnesie
abgespielt haben, wie es die Regel war, z. B. bei Eva C, bei Stanisilawa
Tomczyk, bei den Brüdern Schneider usw. Müssen doch diese Sensitiven nach
ihrem Erwachen aus den Dämmerzuständen erst von den Teilnehmern über
die Vorgänge in der Sitzung aufgeklärt werden!

Nichts ist leichter, als ein Medium über seine eigene Leistung zu täuschen.
So nahmen wir z. B. Willy Schneider gegenüber in einzelnen Fällen bei negativen
Sitzungen unsere Zuflucht zu der Notlüge, die Versuche seien gut gelungen
, um dem jungen Menschen eine Gemütsdepression über das Versagen
seiner Kräfte zu ersparen, ohne daß dieser die Unrichtigkeit unserer Mitteilung
erkannte. Sicherlich darf wohl iede Aussage eines Menschen über Eigenhandlungen
in tiefen somnambülen (also Trance-) Zuständen, ganz besonders aber mehrere
Jahre nach dem Erlebnis, als gänzlich unzuverlässige Quelle angesehen werden.

Haltlose Selbstanklagen sind bei geistig Minderwertigen und Psychopathen
außerordentlich häufig anzutreffen und gelangen besonders gern in sensationellen
Kriminalfällen zur öffentlichen Kenntnis. So meldeten sich z. B. in dem
bekannten Berchtoldprozeß nicht weniger als 6 Personen, die behaupteten, den
Mord an der Frau Roos in der Karlstraße begangen zu haben!

Die Ursachen solcher Selbstbezichtigungen bei Medien sind hauptsächlich
folgende:

Retroaktive Erinnerungsverfälschung — auf irrtümlicher Grundlage,
aber bona fide abgelegte Geständnisse — Auto- und Fremdsuggestion, d. h.
Beeinflussung durch das Milieu und Andersdenkende (nachträgliche Abänderung
einmal über paraphysische Tatbeslände abgegebener Urteile kommen
ja sogar bei Gelehrten nicht selten vor) — psychopathische Anlagen
— Affektzustände wie Angst und Furcht vor Lächerlichkeit — Verlogenheit
, Pseudologia phantastica — spielerische Renommisterei bei
unreifen jungen Menschen — Verdrängung unbequemer psychischer
Tatbestände ins Unbewußte — sowie intellektuelle Motive sozialer und
materieller Art.

Das Problem wird noch viel komplizierter, sobald bewußte und unbewußte
Schwindeleien mit den echten Phänomenen verknüpft sind und abwechselnd
beobachtet werden, wie z. B. bei Eusapia Palladino, Linda Gazzerra, Guzik,
Nielsen u. a.

Zwei frühere Medien, Eva G. und Stanislawa P., sind heute glücklich verheiratet
und in sozial angesehene Stellungen eingerückt. Beide Frauen wünschen


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