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Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1927.)

nicht an ihre mediurnistische Vergangenheit, die sie als eine Art Degradierung
ihrer Persönlichkeit ansehen, erinnert zu werden, und Stanislawa Tomczyk
glaubt heute, daß ihre früheren Leistungen in der Hauptsache auf Schwindel
zurückzuführen seien.

Aeußerungen der Medien über ihre Leistungen sind also durchaus unmaßgeblich
und es dürfte sich auch wohl kaum ein gewissenhafter Gelehrter finden,
der sich sein auf Grund eingehender Selbstprüfung einmal gebildetes Urteil
durch irgendein nachträgliches selbstanklägerisches Gerede beeinträchtigen ließe.
Erfahrungsgemäß gilt auch in der richterlichen Praxis die erste Sinnes Wahrnehmung
und der unmittelbare Bericht darüber als maßgebende Zeugenaussage,
nicht aber das aus zahlreichen Vernehmungen entstehende Aassageresuitat.

Einen lehrreichen Beitrag zur Psychologie des Mediumismus lieferte der im
Januar 1927 in der Augustenstraße in München vorgekommene Spukfall, über
den die Tagespresse eingehend berichtet hat.

Dem achtzehnjährigen Dienstmädchen Therese Winklhof er waren eine Anzahl
hysterischer Schwindeleien (wie Anfertigung von Schriften und Briefen,
Verstecken von Gegenständen und sonstige schabernackartige Handlungen) einwandfrei
nachgewiesen worden. Dagegen ließ sich eine weitere Klasse spukartiger
Phänomene (Würfe von Gegenständen, Zerschmettern von Gläsern usw.)
nicht betrügerisch erklären, weil das Mädchen bei Tageslicht von einem Untersuchungsbeamten
und zwei weiteren Personen andauernd in ruhiger Stellung
beobachtet wurde, während die Flüge 3 bis 4 m von dem Mädchen entfernt
ihren Ausgangspunkt hatten, wobei die Flugbahn auf Therese W. zu gerichtet
war. Außerdem wurde durch die Wohnungsinhaberin das Schleudern eines
Gefäßes in der Küche beobachtet zu einer Zeit, als sich das Mädchen unter Aufsicht
auf dem Gang befand. Nach menschlichem Ermessen lassen sich diese von
3 einwandfreien gewissenhaften Zeugen bekundeten (und durch Eid zu erhärtenden
) Vorgänge nicht auf eine mechanisch-betrügerische Tätigkeit der
Therese W. zurückführen, trotz ihrer sonst ausgeübten Schwindeleien. Das
Mädchen ist, wie in der Münchner Psychiatrischen Klinik festgestellt wurde,
Psychopathin, hysterisch und durch und durch verlogen. Bei ihrer Vernehmung
gab sie aus Angst vor eventueller Verhaftung auf Grund eines eindringlichen
Suggestivverhörs zu, sämtliche Spukhandlungen in der Wohnung selbst durch
^Betrug inszeniert zu haben. Allerdings widerrief sie dann nachträglich diese
Aussage. Aber dieses doch offenbar gänzlich unmaßgebliche Geständnis einer
geistig minderwertigen Person erlöste die deutsche Presse von dem Alpdruck,
die Phänomene als echt bestätigen zu müssen. Man atmete erleichtert auf und
alle Welt zeigte sich zufriedengestellt durch das falsche Geständnis eines hysterischen
Dienstmädchens!

Wie wir aus den vorstehenden Darlegungen ersehen haben, treffen die auf
Seite 535 zitierten betrugstheoretischen Voraussetzungen von Dr. Baerwaid zur
Beurteilung des paraphysischen Experiments nicht zu. Denn ein lebendiges Geschehen
ist nicht vergleichbar mit der Lösung einer algebraischen Aufgabe, in
welcher eine falsche Ziffer die Richtigkeit des Endresultats zunichte macht.

Ferner existiert das von Baerwaid vorausgesetzte Vorhandensein taschenspielerischer
Täuschungsakte jedenfalls nicht bei den Versuchspersonen neuerer
Zeit, deren Leistungen die Unterlage für die junge Wissenschaft der Parapsychologie
bilden.

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