http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0545
v. Schrenck-Notzing: Die Beweisführung in der Paraphysik. 529
Diese Annahme trifft nicht einmal bei dem Schwindler und Pseudomedium
Laszlo zu, dessen Geständnisse als hinreichender Betrugsbeweis van Behörden
und Tagespresse angenommen worden sind. Hier handelte es sich aber um
verhältnismäßig einfache Substitutionsakte, wie sie bei der gänzlich unzulänglichen
Experimentalmethodik der ungarischen Versuchsleitung durchgeführt
werden konnten. Verfasser hat diese Mängel in einem besonderen Schreiben
(vom i5. Oktober 1923) bald nach seiner Rückkehr dem ungarischen Experimentator
mitgeteilt, diesem seine Verdachtsgründe auseinandergesetzt, zur Enl-
larvung geraten und besonders betont, daß diese seltsamen Vorgänge, die sich
ja nachträglich als groteske und frevelhafte Schwindeleien herausstellten, in
direktem Widerspruch stünden mit der Entwicklung und dem Ablauf physikalischer
Phänomene bei den ihm bekannten Medien.
Der Betrugsbegriff setzt Klarheit des Bewußtseins voraus, wie sie offenbar
bei Laszlo vorhanden war, da sein wahrscheinlich simulierter Trancezustand
ärztlich nicht geprüft worden ist. Im Gegensatz hierzu wurde bei allen Versuchspersonen
, mit denen Verfasser in den letzten Jahrzehnten experimentierte,
wie bei Eva C., Stanislawa Tomczyk, Willy und Rudi Schneider, Stanislawa P.,
ferner bei einem neuen kürzlich entdeckten Medium regelmäßig veränderte
Bewußtseinszustände (Tieftrance) während ihrer Leistungen ärztlich festgestellt.
Daher könnte man in Voraussetzung schwindelhafter Inszenierung der Leistungen
ihnen keineswegs Betrug, sondern höchstens unbewußt oder unwillkürlich
ausgeführte Substitutionsakte vorwerfen.
Ein anderer medial veranlagter junger Mann, der imstande war, physikalische
Phänomene willkürlich zu erzeugen, versuchte am Anfang einige Male
zu betrügen, wurde aber weiterhin durch eine strengere Versuchsordnung daran
gehindert. Auch hier kann man von Betrug sprechen, weil die Handlungen
bei klarem Bewußtsein stattfanden.
Für die Wissenschaft aber, welche lediglich die Existenz oder Nicht-
existenz eines Phänomens festzustellen sucht, sich also lediglich um den Reali-
tätsbeweis kümmert, kommt dieser Unterschied — ob bewußt und vorsätzlich,
oder ob unbewußt getäuscht wurde — ebensowenig in Betracht, wie das vergangene
oder zukünftige, ehrliche oder unehrliche Verhalten der betreffenden
Versuchsperson.
Denn der Nachweis der Realität paraphysischer Phänomene muß auf dem
Experimentalwege erbracht werden unter methodischem xiusschluß der Täuschungsmöglichkeiten
, damit er unabhängig von zeitlichen und subjektiven
Detailfragen bleibend seinen Wert behält. Twrdy bemerkt zu diesem Punkt in
seiner oben erwähnten Arbeit:
„Es ist die Pflicht der Kritik, mit ihren Einwendungen stets nur den sachlichen
Teil des Problems zu treffen, nicht aber, wie das so oft geschieht, den
Lebenslauf jedes Mediums eifrig nach Betrugshandlungen zu durchforschen und
auf Grund einer betrügerischen Einzelhandlung das Charakterbild des Menschen
einseitig negativ zu belasten, um aus dieser Tatsache den Rückschluß auf die
Realität bzw. Irrealität der von diesem Medium gezeigten Phänomenik aufzubauen
. Ja, man ging sogar so weit, die Ehrlichkeit der Experimentatoren mit
der Begründung in Frage zu ziehen, daß die Wahrscheinlichkeit des Betruges
durch den Forscher selbst größer sei als die Realitätsmöglichkeit der okkulten
Phänomenik. Wohin kämen wir, wollten wir jede wissenschaftlich forschende
Arbeit unter solche Bedingungen stellen?"
34
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0545