Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0548
532

Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1Q27.)

punkt des kritischen Realismus, den ich vertrete, anerkennen. Denn die
„Phänomene**, d. h. das nur in der Wahrnehmung anschaulich Gegebene,
ist ja erst bloß das Material für unsere denkende Beurteilung. Erst das
Denken entscheidet, ob etwas Gegebenes „real" oder „halluziniert**, ob es
„taschenspielerisch*', also nach uns bekannten Naturgesetzen hervorgebracht,
oder „übernormal*4, d. h. nach jenen Naturgesetzen nicht erklärlich ist — was
letzteres für uns Antrieb wäre, zu uniersuchen, ob darin nicht auch Gesetze,
nämlich uns noch unbekannte, walten.

Wir haben aber doch für jene Entscheidungen, die das Deuten zu treffen
hat, Hilfsmittel bzw. Kriterien. Die Annahme, daß ein Phänomen (ein anschaulich
gegebenes) „halluziniert** sei, erscheint uns z. B. sehr wahrscheinlich
; ja geradezu gewiß, wenn nur eine Person, dazu eine geistig Erkrankte,
das Phänomen konstatiert; dagegen wird dies© Annahme als um so unwahrscheinlicher
sich darstellen, je mehr geübte Beobachter und nüchtern denkende Menschen
das betreffende Phänomen übereinstimmend feststellen. Das Gewicht
dieser positiven Feststellungen kann so groß werden, daß das Festhalten an der
Behauptung, es liege doch eine Halluzination (oder eine Suggestion) vor, als
ganz haltlos und nichtig sich darstellt.

Aehnlich steht es mit der Behauptung, ein als tatsächlich anerkanntes, aber
für uns nicht erklärbares Phänomen könne doch auf Taschenspielerei beruhen
. Je mehr die Kontrollmaßnahmen vervollkommnet werden, um so
mehr wird eine solchf Behauptung an Wahrscheinlichkeit und damit an Gewicht
verlieren; sie wird schließlich nur noch als Ausrede eines Gegners erscheinen
, der sich nicht belehren lassen will.

Es wäre natürlich befriedigender, wenn derartige Behauptungen wie die,
daß irgendein neuer Trick im Spiele sein könne, unmittelbar als unsinnig
bewiesen werden könnten. Das ist aber nicht möglich.

Als unsinnig (oder richtiger widersinnig) dar tun lassen sich nur Behauptungen
, die in sich einen Widerspruch enthalten, wie etwa die, daß ein
Kreis viereckig oder eine Diktatur ein Freistaat sei.

Die Behauptung aber, daß die okkulten Phänomene doch möglicherweise
auf Tricks beruhten, enthält einen solchen Selbst wider Spruch nicht. Eben
darum kann sie nicht ein für allemal logisch widerlegt werden.

Daraus aber gewinnt sie immer wieder für manche ein scheinbares Gewicht
; denn es ist ein weitverbreitetes Vorurteil, daß nur das „wahr" sei,
was „logisch bewiesen*', und nur das falsch sei, was „logisch widerlegt*" worden
ist. Eben darum erscheint es leicht eine Behauptung allein deshalb schon als
ernst zu nehmen, weil sie nicht logisch widerlegt werden kann.

Man bedenke aber nur, welch wunderliche Behauptungen man aufstellen
kann, deren 1 ogische Widerlegung unmöglich ist. Man kann etwa behaupten
, es sei „möglich*4, daß ein Jesus, ein Cäsar oder ein Napoleon gar nicht
existiert hätten, und daß alle Berichte über sie auf Halluzinationen, Suggestionen
oder ähnlichem beruhten. Ja, man kann bis zur Behauptung des
sogenannten „Solipsismus** fortschreiten: „Ich allein existiere und die ganze
Welt einschließlich aller Mitmenschen sind lediglich meine Vorstellungen.*4
Schon Schopenhauer hat bekannt, daß diese Behauptung „logisch möglich*4,
nämlich auf logischem Wege nicht widerlegbar sei. Er hat freilich hinzugefügt
, wer sie ernsthaft verfechte, der gehöre in ein Tollhaus. Wollte jemand
aber einen solchen „Solipsisten** dadurch „widerlegen4, daß er ihm zu


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0548