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Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1927.)
ein guter Beobachter, bemerkte den Schwindel. Aber übertragen Sie den Fall
auf den Wurf des Franken, als Eleonore und ich zusammen im Sitzungszimmer
uns befanden, bei vollem Tageslicht, das Mädchen vor mir und das Geldstück
mehrere Meter entfernt in einer Höhe von fast sieben Fuß! In diesem Fall
waren die Bedingungen gut. Wenn Eleonore die raffinierteste von allen Betrügern
wäre, so hätte sie unter den gegebenen Bedingungen das Frankenstück
nicht in der beschriebenen Weise bewegen können. Ich spreche darüber mit
einiger Autorität, denn ich bin seit meiner Schulzeit praktischer Taschenspieler
und habe Spielstudien über die betrügerische Hervorbringung sogenannter Pseudo-
phänomene gemacht — und über den Gegenstand 5ooo Bände gesammelt. Sowohl
Willy wie Rudi Schneider „halfen nach", als beide noch sehr jung waren,
wenn es die Versuchsleiter geschehen ließen; aber sie wurden ertappt, als ein
erfahrener Forscher mit ihnen experimentierte. Es ist lange nicht so schwer, ein
Medium zu überwachen, wie sich der Laie das denkt und besonders im eigenen
Laboratorium kann eine einwandfreie Kontrolle leicht durchgeführt werden.
Eleonore hat bei verschiedenen Gelegenheiten geschwindelt. Schon ehe
Gräfin Wassilko sie nach Wien brachte, erwischte sie sie bei einigen Tricks. Aber
Eleonorens Pseudophänomene haben mit den paranormalen Vorgängen, die unter
einwandfreien Bedingungen beobachtet wurden, nichts gemein. Für einen erfahrenen
Forscher, der echte Phänomene unter einwandfreien Bedingungen erlebt
hat, ist es eine Spielerei, die nachgeahmten zu erkennein. Dr. Tillyard und ich
benötigten bare fünf Minuten, um die Darbietungen des Pseudomediums Harold
Evans als Betrug zu erkennen — und zwar als einen recht amüsanten.
Für den kleinen Sündenfall am heutigen Tage wurde Eleonore durch die
Gräfin scharf zurechtgewiesen. Ich bin ernsthaft verwundert, daß Eleonore
ihren Mutwillen nicht öfter an uns ausließ, wenn sie im Laboratorium war. Ich
kann mir nur denken, daß unsere Versuchsbedingungen sie davon abhielten:
kein Medium versucht, zu betrügen, wenn es keine Aussicht sieht, den Betrug
durchzuführen. Bei dieser Gelegenheit soll noch ein zweifelhaftes Phänomen
erwähnt .werden.
Eines Tages, als Fräulein Kay vom Lunch zurückkam, vermißte sie ihre
Büroschlüssel — sie behauptete, nicht zu wissen, wo sie hingekommen wären und
sich nicht erinnern zu können, daß sie sie mit sich genommen hätte. Die Gräfin,
^Jie im Laboratorium war, fragte Eleonore, ob es sich um einen Verlust oder um
ein Phänomen handle. Das Medium schrieb sofort in automatischer Schrift, daß
die Schlüssel „verloren gegangen'* seien. Im selben Augenblick fand Fräulein
Kay die Schlüssel in ihrer eigenen Manteltasche in der Garderobe.
Lady Malmesburys Bericht.
Bei einer anderen Gelegenheit beobachtete Susanna, Gräfin Malmesbury, in
hellem Tageslicht Eleonore im Sitzungszimmer, als die Kleine sich auf das Sofa
setzte und ein Taschentuch einsäumte. Nach kurzer Zeit schrie Eleonore auf
und zeigte Lady Malmesbury einen Stich im Finger, aus dem ein Tropfen Blut
floß. Die Dame sagt in ihrem Bericht: „Ich kann nicht behaupten, daß der Stich
auf mich sehr überzeugend wirkte, denn er stammte offensichtlich von der
Nadel, mit der eben genäht wurde.** Der Vorstand stimmte ihr bei — es ist ja
leicht denkbar, daß Eleonore sich selber stach, um der Lady eine Freude zu
machen. Aber Lady Malmesbury sah noch wundervolle Phänomene unter zwingenden
Bedingungen. Sie schreibt darüber: „Während meiner Beobachtungs-
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