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Zeller: Die Bedeutung der Parapsychologie für Drieschs Metaphysik. 579

Driesch der einzige Fall, wo wir das An sich selbst erleben. Hier hat der Ausdruck
„Erscheinung" keine Berechtigung, keinen Sinn mehr, wie Driesch meint.
Das Wirkliche weiß sich seihst, wie er sich ausdrückt.

Wissen nimmt im Weltbild des Philosophen eine zentrale Stellung ein. Nie
war das Unbelebte ohne ein wissendes Subjekt irgendwelcher Art (so fasse ich
das etwas mysteriöse Wort „Wissen ist Urbeziehung" auf). Wissen (oder Schau
intellektueller, ästhetischer und ethisch-religiöser Art) stellt in der Geschichte
der Menschheit den höchsten Wert dar. Wissen ist der einzige Sinn der Kulturgeschichte
, während alles Machtsireben, wie es sich im Politischen äußert, nur
kulturhemmend wirkt. Auch Gott ist als wissend zu denken, und wir selbst leban
in irgendeiner Form als Wissende fort. Ueber die Art dieses Fortlebens kann
freilich nur die Erfahrung, eventuell die Parapsychologie, uns Näheres sagen.

Ein Wissen zeigt sich auch im Aufbau der unbelebten und belebten Natur.
Züge von „Ganzheit", d. h. Teleologie (wobei Driesch „statische" oder maschinen-
arlige und „dynamische", auf Lebenskraft hinweisende Teleologie unterscheidet),
finden sich freilich neben Unganzheit über die ganze Natur verbreitet. Das
TJnganzheitliche, Unzweckmäßige leitet Driesch in platonischer Art aus der
Materie ab. Zufall, Irrtum und das Böse sind die drei mit unserem Verflochtensein
mit Materie zusammenhängenden Fälle von Unganzheitlicheni) die
es uns verbieten, nach Art eines Leibniz das ..eine geordnete Ganze", das Monon
als sinnvolles, geordnetes anzunehmen (Lehre des „Ordnungsmonismus")-
Leibniz hatte ja in seiner Theodizee das Übal gewissermaßen wegerklärt. Darin
folgt ihm Driesch, der hier vielfach an Schopenhauer erinnert, nun nicht, so
gerne er die Welt als Ganzes für gut und vollkommen erklären möchte. So zerfällt
ihm die Welt in zwei getrennte Elemente, das Reich der Ganzheit, wobei
Driesch die unräumlichen Werdebeslimmer der Organismen, die Entelechien,
deren Spitze Gott darstellt, im Auge hat, und das der Materie oder der
Unganzheit, die er jedoch am Schluß auch auf Gott als letzten, bewußt
schaffenden Weltgrund zurückführt. vSo könnte Driesch als vorläufiger
Dualist, aber, was das letzte Ergebnis seines Philosophierens betrifft, doch wohl
nur als Monist im weitesten Sinne bezeichnet worden.

Zum Gottesbegriff, dessen nähere Ausdeutung freigelassen w ird,
steigt Driesch empor, um die Welt, so wie sich ihr Bild uns darbietet, [verständlich
zu machen. Ohne Gotlesbegriff gibt es für ihn keine befriedigende
Welterklärung.

Wissenserwei terung, so könnte man es etwa bezeichnen, wobei ich
auf die obengegebene umfassende Bedeutung d^s Begriffs „Wissen" bei Driesch
hinweise, scheint der Sinn der Menschheitsgeschichte, ja vielleicht sogar der Sinn
der gesamten organischen Entwicklung zu sein. Das irdische Leb »n erscheint als
ein schmerzliches Durchgangsstadium durch die mit der Materie zusammenhängenden
Leiden, deren tiefstes das Nichterkennenkönnen, das philosophische
Leiden ist („Wirklichkeitslehre", Auflage, 1922, S. 325).

Dieses imposante Weltbild erhält nun seine eigentümliche Färbung nicht nur
durch den aus Drieschs Naturphilosophie stammenden Begriff der E n l e 1 e c h i e ,
die wie aus einer höheren Welt und doch als Naturfaktor in d*n Raum hinwirkt
und die Welt des Organischen und Geistigen gestaltet, sondern noch durch die
Hereinbeziehung der von unserem Philosoph°n mit großer Entschiedenheit vertretenen
parapsychologischen Tatsachen, von deren Echtheit sich

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