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590 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1927.)
W. Prince, Schiller, Croover, Murphy, Jastrow und der „Zauberer
" H © u d i n i. Der Verfasser dieser Zeilen war um den Schluß vor trag
gebeten worden.
Wie man sieht, waren die Einladungen sehr unparteiisch vergeben worden:
an überzeugte Spiritisten; an solche, welche die Talsachen vollständig, aber den
Spiritismus nur hypothetisch annehmen: an Anhänger der Parapsychologie, aber
ausgesprochene Gegner des Spiritismus, und endlich an Gegner der gesamten
Parapsychologie. Es stellte sich, wohl wider Erwarten, heraus, daß auch die
nicht „Ueberzeugten" den Spiritismus immerhin für durchaus diskutabel, ja
für wahrscheinlich erklärten.
Nicht alle Eingeladenen konnten anwesend sein; Mc. Dougaii war auf Urlaub
in Europa; Houdini war kurz vor dem Symposion gestorben; von Europäern
trugen nur Schiller und der Verfasser, beide gerade als Gastprofessoren in
Amerika, ihre Lehren persönlich vor; die Vorträge der Nichtsnwesenden wurden
verlesen.
Vor kurzem sind alle Vorträge unter dem Titel rTJie cas° for and against
Psijchical Relief (Clark Univ., Worcester, Mass.) erschienen. Das vorzüglich ausgestattete
Buch sollte recht bekannt bei uns werden!
Herrn Murchison aber, der, wie ich weiß, noch weitere sehr bedeutsame
„Symposien1* plant, gebührt für diesen Mut und seine Objektivität der herzlichste
Dank von uns allen.
Der Voitrag.
Ich teile nun, mit Einverständnis des Herrn Murchison, meinen eigenen
Vortrag in deutscher Uebersetzung mit.
i. Philosophie ist Lehre von der Ordnung. Das Wort ,,Lehre" bedeutet
systematische Kenntnis; die Bedeutung des Wortes „Ordnung" ist undefinierbar
. Da das Wort „systematisch*' den Begriff Ordnung einschließt,
könnpn wir Philosophie als die geordnete Kenntnis von der Ordnung bezeichnen
und finden so Ordnung auf der subjektiven und der objektiven Seite gleichermaßen
.
Die Ordnung, mit welcher es die Philosophie zu tun hat, bezieht sich auf
alles. Es gibt nichts, das nicht ein möglicher Gegenstand der Philosophie ist.
Wir können daher den Gegenstand der Philosophie als das Universum bezeichnen
, wenn wir dieses Wort in einen sehr weiten Sinn nehmen, so daß es
das Subjektive ebensowohl umfaßt, wie sein Gegenstück.
Die Philosophie nimmt das Universum zunächst als mein Universum, als
bezogen auf das Ich, „mein"' ich, als besessen oder bewußt gehabt von „Ich *
— ich sage nicht von „mir". In diesem Sinne ist Philosophie Logik im
weitesten Sinne des Wortes. An zweiter Stelle stellt die Philosophie die Frage
auf, ob das Wort „an sich" oder „absolut" eine Bedeutung hat. Sie findet,
daß das der Fall ist; und so entsteht denn ein zweiter Teil der Philosophie, den
man Metaphysik nennt.
Alle sogenannten Wissenschaften, das Wort im weitesten Sinne genommen,
sind Zweige der Philosophie, welche gleichsam ein unabhängiges Leben führen.
Die Parapsychologie ist einer dieser Zweige oder, besser gesagt, das Wort „Parapsychologie
" bezeichnet gewisse Zweige der Philosophie, welche bis zu einem
gewissen Grade unabhängig geworden sind; denn, auf den ersten Blick wenig-
stens, gibt es nicht eine Parapsychologie, sondern mehrere Parapsycbologien,
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