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Driesch: Parapsychologie und Philosophie.

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Ich weiß wohl, daß es Leute gibt, welche Telepathie und Gedankenlesen
erklären wollen durch physikalische Strahlungen, die von dem einen Gehirn
ausgehen und das andere erregen. Aber ich habe schon in meiner Londoner
Rede *) gezeigt, daß diese Hypothese unmöglich ist. Lediglich angesichts der
Außenverlegung der/ Sinnesempfindung könnte man sie vielleicht anwenden,
weil hier beim Sender und beim Empfänger vielleicht dieselbe Beziehung
zwischen Gehirnzustand und Erlebnis besteht. Aber das ist bei allen zusammen«
gesetzteren Fällen von Telepathie ausgeschlossen, und deswegen ist die Theorie
der postalischen Strahlungen nicht einmal im Hinblick auf jene einfachen
Fälle wahrscheinlich.

Das also ist das Neue, was der erste Teil der Parapsychologie zur Theorie
des Wissens beiträgt: Die Beziehung mögliches Wissen existiert nicht nur
zwischen Subjekten und der gegenständlichen Seite der Wirklichkeit, sondern
auch zwischen Subjekten unmittelbar und kann sich auf diesen neuen übernormalen
Bahnen mit Inhalt füllen.

'Das scheint darauf hinzuweisen, daß alle Subjekte im letzten Grunde
Eines sind.

Die Erscheinungen der sogenannten Bewußtseinsspaltung weisen bereits in
dieser Richtung: da ist eine Seele, aber zwei oder mehr Iche sind in sie eingepflanzt
und wissen gegenseitig um ihre Erlebnisse, als ob sie Fremde wären.
Das eine Ich weiß hier In einer Form, als ob es um das Wissen eines anderen
wüßte. Dasselbe ist bei Sramatischen Träumen der Fall.

Ich darf hier auch auf gewisse embryologische Versuche hinweisen, welche
ich selbst vor vielen Jahren ausführte: Wenn man die Furchungszellen eines
Embryo, etwa im vierzelligen Stadium, voneinander trennt, erhält man so \iele
vollständige Organismen, wie man isolierte Zellen hat. Und zwei Eier können
gezwungen werden, einen Riesenorganismus zu liefern. Anstatt des Einen das
Viele; anstatt des Vielen das Eine.

Scheint es nicht, als ob die Vielen-alle vereinigt wären in dem Einen im
letzten Grunde, und können wir nicht vielleicht diesen Gesichtspunkt auf unsere
erste Gruppe der parapsychologischen Erscheinungen anwenden?

4. Das sogenannte Hell s eh en bietet dem Verständnis viel größere
Schwierigkeiten als Telepathie und Gedankenlesen, Insbesondere wenn die sogenannte
Psychometrie in Frage steht, d. h., wenn ein Gegenstand, welcher einem
Medium in die Hände gegeben ist, diesem seine ganze vergangene Geschichte
offenbart.

Drei verschiedene Formen des Hellsehens lassen sich unterscheiden; Hellsehen
in gegenwärtige, räumlich .entfernte materielle Zustände oder in das Bereich
des Mikroskopischen, Hellsehen m die Vergangenheit und endlich Hellsehen
in die Zukunft, das heißt Vorahnung oder Prophetie. Zuerst aber
wollen wir uns nur mit den beiden ersten dieser drei Gruppen beschäftigen.

Der einfachste Fall von Hellsehen ist dann gegeben, wenn ein Medium die
chemische Natur von Substanzen erkennt, welche sene Sinnesorgane nicht gereizt
haben. Diese Erscheinung, wie sie z. B. von Chowrin beschrieben ist, darf
natürlich nicht mit der Außenverlegung der Sinnesempfindung verwechselt
werden. Meist wird es nicht gerade leicht sein, Gedankenlesen auszuschließen.

!) Proceedings S. P. R. London, Part. 99, Vol. XXXVf, 1926, S. 171. Deutsch
in dieser Zeitschrift, Oktoberheft 1926, S. 608.

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