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Driesch: Parapsychologie und Philosophie
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Das gewisse Etwas, welches bei der Psychometrie „an" einem körperlichen Gegenstande
ist, würde in diesem Falle selbst eine Art von Materialisation sein, wahrnehmbar
- nur jenen seltenen Menschen, welche wir Medien nennen, wie es ja auch
von manchen Phantomen heißt, daß sie nur wenigen Personen wahrnehmbar
s ien.
Aber diese Annahme einer unwahrnehmbaren Verbindung in Fällen, die, soviel
wir wissen, diskontinuierlich sind, ist natürlich nur eine bloße Hypothese,
und ihr einziger Vorteil ist allenfalls der, daß sie diese Erscheinung mit der
Psychometrie unter einen Hut bringt. Psychometrische Gegenstände würden in
gewissem Sinne selbst Spukgegenstände sein.
Aber in einem gewissen sehr weiten Sinne sind ja, wenigstens für dexu
Vitalisten, Embryologie und Regeneration selbst schon „Spuk", und alle Fragen
der Entfernung sind offenbar Fragen zweiten Grades.
Nur also bei der Annahme, daß diskontinuierliche Erscheinungen nicht das
sind, was sie zu sein scheinen, können sie bis zu einem ge|wissen Grad© vern
standen werden. Denn nur bei dieser Annahme würden auch sie unter dem
Begriff eines erweiterten Coueismus und Vitalismus fallen. Ohne diese Annahme
ist ein nichtspiritisti*ches Verstehen hier ausgeschlossen. Es spricht aber
immerhin zugunsten unserer Lehre, daß sie auch einiges Licht auf die Psychometrie
fallen läßt und daß diese seltsame Erscheinung so wenigstens eine gewisse
Art hypothetischer Aufklärung erfährt.
Ein paar Worte seien hier übei parapsychische Stimmen und Lichter angeführt
. Sehen wir diese Erscheinungen als echt an, und nicht als die Wirkungen
der unterbewußten Seite das TMediums, so müssen wir sie natürlich zu
den Materialisationen rechnen. Denn es handelt sich um "Einwirkung des
Mediums auf Materie, und es ist doch wohl ziemlich gleichgültig, ob Materie zu
spezifischer Form oder zu spezifischen rhythmischen Bewegungen geordnet wird.
10. Wir wenden uns nun der Erörterung einer besonderen parapsycho-
Jogischen Hypothese zu, welche wir bisher ganz absichtlich beiseite gelassen
haben, um die Parapsychologie nicht von Anfang an mit einer Theorie zu
belasten, welche keineswegs für sie als solche notwendig ist. Ich meine den
Spiritismus.
Spiritismus nämlich ist nicht dasselbe wie Parapsychologie überhaupt,
sondern ist eine besondere Hypothesee in ihrem Rahmen, ganz ebenso wie die
Lehre von der natürlichpn Zuchtwahl eine besondere Hypothese im Rahmen der
allgemeinen Abstammungslehre ist. Der Spiritismus ist jedenfalls eine logisch
berechtigte Hypothese, denn er enthält keinen Widerspruch in sich selbst.
Der Spiritismus kann in einer sehr allgemeinen und in einer besonderen
Form auftreten. In seiner allgemeinen Form nimmt er lediglich an, daß es
irgendein geistiges Wesen gibt, welches die Erlebnisse früher lebender Seelen
nach ihrem sogenannten Tode umschließt, und läßt die Frage offen, ob dieses
geistige Wesen in Personen zerspalten ist oder nicht, und ob, wenn dem so wäre,
diese Personen den ursprünglichen Stück für Stück entsprechen. In seiner
besonderen und sozusagen populären Form lehrt der Spiritismus, daß die persönlichen
Seelen als persönliche Seelen den Tod in einer unbekannten Form
der Existenz überleben.
Es kann nun nicht geleugnet werden, daß es gewisse parapsychologische
Tatsachen gibt, welche den Spiritismus nicht nur logisch, sondern auch tat-
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