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Boehmer: Buschmann-Zauber.
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Etwa fünf Tage später kamen wir in die Nähe von Goraeovisa, wo uns eine
Ersatzpatrouille erwarten sollte mit frischen Vorräten. Der geisterhafte Aucuib
war immer noch bei uns. Wir hatten das ehrliche Gefühl, als behandele er
uns etwas mitleidig seit jenem Vorfall.
In der Nacht, bevor wir unser Ziel erreichen konnten, ließ Aucuib unseren
Führer wecken mit der Frage, ob ihm etwas daran gelegen sei, daß unser©
Ersalzleule in Garacovisa von unserem Kommen benachrichtigt würden, da wir
doch fast eine Woche überfällig waren. Selbstverständlich, dachte unser Führer,
es >M*irde sich um einen Schnelläufer handeln, der in der Nacht noch loslaufen
winde und war mit der Benachrichtigung sehr einverstanden.
Aucuib ließ ihm aber sagen, er wercleselbstetwa in eine-r Stunde
dort sein.
Das Hin und Her hatte die ganze Patrouille geweckt — halbschlafend
hallen sich die meisten aufgerichtet oder umgedreht in der*Richtung auf Aucuibs
Lager.
Dort wurde von gerupftem Gras ein Wall um einen sorgfältig gesäuberten
Platz gelegt. Sofort war jedem von uns klar, daß wir wieder irgend etwas Unerhörtes
erleben würden.
Wir sprangen auf und Gänsehäute liefen uns leicht den Rücken hinauf und
hinunter, denn wieder ertönte der neulich gehörte Gesang.
Aucuib trat in den Kreis Der Graswall wurde von allen Seiten
mit glühender Kohle zum Schwelen gebracht, so daß sich
mächtiger Rauch entwickelte.
Wieder jene merkwürdigen tanzähnlichen Bewegungen
Aucuibs in der Richtung auf den aufgehenden Mond.
Je höher der Mond stieg, desto dichter wurde der Rauchschleier um Aucuibs
rätselhaften Kreis.
Matt erschien uns der Mond in den Rauchschwaden, der sich langsam verzog
und uns freien Blick auf den Krgis gab. Der Platz, auf dem noch
vor wenigen Minuten Aucuib gestanden hat te, war leer und
Aucuib selbst verschwunden.
Uns war die Lust zum Schlafen vergangen. Die Feuer wurden hochgeschürt
. Hell loderten die Flammen auf und wir starrten immer wieder hinüber,
wo wohl noch Aucuibs Leute, aber immer noch nicht Aucuib zu sehen war.
Stumm hockten sie immer noch um die Zauberstätte, während wir das Gruseln
lernten.
Bei Tageslicht untersuchten wir genau den Boden. Vielleicht würden wir
doch eine Fußspur oder einen geknickten Grashalm finden. Doch es war
umsonst.
Am Abend desselben Tages erreichten wir Caracovisa. wo uns der Führer
unserer Ersatzleute mitteilte daß kurz vor Tagesanbruch unser
Aucuib, der uns begrüßt hatte, als sei nichts geschehen,
ihn habe wecken lassen mit der Mitteilung, daß wir abends
eintreffen würden. Er war also die Strecke von rund 35 Kilometern in
nicht ganz drei Stunden gelaufen? Selbst für einen Buschmann eine vollkommene
Unmöglichkeit. Also war er geflogen, setzten uns unsere
Eingeborenen auseinander und staunten, daß wir nicht
wußten, daß es landauf, landab bekannt sei, daß Aucuib
fliegen könne.
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