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Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1927.)
„Wer konnte diese Wunder betrügerisch vorgegaukelt haben? Rudi
Schneider scheidet nach meiner Meinung aus, denn er war an Händen und
Füßen von Herrn Price gehalten. Das gleiche gilt für Karl Schneider. Kann
man annehmen, daß die übrigen Teilnehmer Helfershelfer und geschickt
genug waren, um die vierfingrige Hand und alle die anderen verblüffendein
Phänomene vorzutäuschen?
Meiner Ansicht kann die Möglichkeit jeder Helfershelfer ei ruhig verneint
werden. Ich hatte einen vortrefflichen Platz, in gutem Rotlicht und nahe dem
Kabinett. Und würde sicher jeden erwischt haben, der sich von seinem Platz
erhoben hätte und ins Kabinett gegangen wäre.
Was nun Vater Schneider betrifft, so finden manche den Umstand, daß
er sich außerhalb des Zirkels bewegt, verdächtig. Ich dagegen finde es schwer,
diesen Standpunkt einzunehmen. Herr Schneider ist ein wohlbeleibter, kräftiger
Mann und etwa i,8o Meter groß. Um die Phänomen© die wir gesehen
haben, hervorzubringen, hätte er die Barriere der Teilnehmer durchdringen und
auf dem gleichen Weg wieder an seinen Platz zurückkehren müssen. Wenn man
außerdem bedenkt, daß die beiden Medien Rudi und Willy in den verschiedensten
Städten Europas, ohne Beisein des -Vaters, Phänomene erzeugten, so erscheint
es unsinnig, zu glauben, er spiele irgendwie die Rolle des Betrügers."
Zusammenfassend möchte ich hervorheben, daß wir mit starken Eindrücken
von Oesterreich heimkehrten. Die Hypothese freilich, auf der wir die Erklärung
der gesehenen Manifestationen basieren wollen, ist eine andere Sache. Aber
wie Dr. Tillyard in seinem „Margery"-Vortrag erklärte, es sind Tatsiadheni,
die wir beobachten; die Erklärung ist eine Frage ebr Zukunft. IN ich t darauf
kommt es zunächst an, daß wir die Phänomene erklären, sondern daß wir ihre
Zusammenhänge ergründen. Haben wir diese erst erkannt, dann wird sich der
Schleier des großen Geheimnisses von selber lüften.
Kritik und Methodik.
Zeichen der Zeit.
Von Dr. Job. Marcinowski.
Lange genug haben wir uns in Deutschland einer gewissen Rücksländigkeit
zeihen lassen, auf die unsere offizielle Wissenschaft ausgesprochen stolz war,
denn sie hielt es für einen Vorzug unbeirrbarer Sachlichkeit, daß sie den Tatsachen
parapsychologischer Forschungen mehr als die selbstverständlich gebotene
wissenschaftliche Vorsicht entgegenbrachte. Nun scheint sich das Blättchen zu
wenden. Auf zwei bedeutsame Zeichen möchten wir hier aufmerksam machen.
Ein katholischer Priester, Dr. Alois Gatterer, dem Orden der Jesuiten
angehörig und in Innsbruck als ernster Gelehrter geltend, hat in der Schriftenreihe
, die das Innsbrucker Institut für scholastische Philosophie über Philosophie
und Grenzwissenschaften herausgibt, seine Stellungnahme zu den okkulten Phänomenen
veröffentlicht. Seine Schrift „Der wissenschaftliche Okkullismus und
sein Verhältnis zur Philosophie" ist in unseren Blättern bereits eingehend gewürdigt
worden. Hier interessiert mich vor allen Dingen noch einmal die Tatsache,
daß ein katholischer Priester sich öffentlich an unsere Seite gestellt hat und
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