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Zeitschrift für'Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1927.)
sie in mehrjähriger hypnotischer Praxis entwickelt hat und Herr Nordegg der
Sprecher und Vorführer bei öffentlichen Vorstellungen. Herr Kraus schiiderle
mir den von ihm beobachteten Schulungsvorgang. Er erzeugte Hypnose und
begann mit elementaren telepathischen Aufgaben, wobei er sich sorgfältig
hütete, seiner Versuchsperson Vorstellungen aufzudrängen; er ließ sie vielmehr
alles in sich suchen und hält dafür, daß diese unbeeinflußte Emporschulung des
Feinfühl- und Ahnungsvermögens der einzig richtige Weg zur Entwicklung
telepathischer Fähigkeiten sei. Herr Kraus nimmt auch das Verdienst in Anspruch
, seinerzeit das telepathische Medium Megalis entwickelt zu haben. Über
die Wiener Kritik, die ihnen nur Hindernisse in den Weg gelegt habe, sprach er
sich sehr abfällig aus. Er habe jahrzehntelang seiner Forschung die größten
Opfer gebracht: nun wolle er auch die Früchte seiner Arbeit genießen. Der
nächste Weg führe sie nach München, wo sie sich der Schule Schrenck-Notzings
zum Studium darbieten wollen und dann gehe es nach England und Amerika,
wofür sie bereits lockende Angebote besäßen.
Kachw ort.
Es ist meine feste Überzeugung, die ich hoffe, hier noch näher begründen
zu können, daß man der Telepathin Dagma Unrecht zufügt, wenn man sie des
Betrugs mit Hellseherkniffen beschuldigt. Die Reklame ihrer Begleiter, die sich
auf den Geschäftsokkultismus angewiesen sehen, m^g sich von Übertreibungen
nicht freihalten und das behauptete Hellsehen in Raum und Zeit sich in Wahrheit
nur als ein Gedankenlesen herausstellen — übrigens eine Verwechslung, die
gang und gäbe ist — aber all das berechtigt doch nicht zur Brandmarkung der
Telepathin als einer Betrügerin. D. W.
Anmerkung* der Redaktion. Wir verweisen auf unsere anerkennende
Stellungnahme, die wir schon im Julihett im Anschluß an die Ausführungen des
Herrn Dr. Seeling ausgedrückt haben. Die in kleinem Kreise angestellten Experimente
gelangen fast sämtlich und wirkten teilweise in ihrer Schnelligkeit und
Exaktheit verblüffend. Von einer Veröffentlichung des Ergebnisses dieser einmaligen
Untersuchung wurde damals 'abgesehen, obwohl mehrere Mitglieder der
Berliner Aerztlichen Gesellschaft für Parapsychische Forschung neben anderen
Akademikern daran teilnahmen. Vielmehr hofft man auf eine spätere eingehendere
Untersuchungsmöglichkeit, wenn Dagrna von ihren Auslandsreisen wieder zurückgekehrt
sein wird. S ü n n e r.
Neue Bewegungen innerhalb des Spiritismus.
Von Dr. med. Freudenberg, Bodenbach a. d. Elbe.
Wenn wir unter Spiritismus das Bestreben verstehen, mit einer jenseitigen
Welt, besonders den Seelen Verstorbener, in Verbindung zu treten, so ist er wohl
so alt wie die Menschheit selber. Welche Veränderungen aber hat er im Wechsel
der Zeiten und Völker durchgemacht! Dies im Zusammenhang zu verfolgen,
bietet fraglos einen eigenen psychologischen Reiz. Sei es mir heute gestattet,
auf eine neue Entwicklungsform des Spiritismus aufmerksam zu machen, die auf
den jüngst verstorbenen französischen Schriftsteller Leon Denis zurückzuführen
ist.
Leon Denis, neben Delanne bisher die Hauptsäule des französischen Spiritismus
und weitbekannt durch sein Buch „Apres la mort", hat soeben ein — erst
kurz nach seinem Hinscheiden zur Ausgabe gelangtes — Werk verfaßt, welches
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