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Bericht über den 3. internat. Kongreß für parapsychische Forschung in Paris. 647
teilnehmer einig. Anders stand es in Sachen des Spiritismus, der im Anschluß
an die Vorträge Sudres und des Referenten lebhaft diskutiert wurde. Daß
der gläubige Spiritismus die wissenschaftliche Parapsychologie nichts angehe,
wurde von allen wissenschaftlichen Kongreßteilnehmern rückhaltlos anerkannt.
Sudre hielt jede Hinneigung zum Spiritismus praktisch für gefährlich, da sie
die gesamte „offizielle" Wissenschaft noch mehr, als es schon so geschieht,
gegen die Parapsychologie alarmiere. Osty und Driesch wollten die spiritistische
Hypothese und die vom universellen Weltbewußtsein als gleichwertige
Hypothesen — (nur als Hypothesen natürlich) — zulassen. Rieh et
betonte, daß man empirisch das Geistige nur in materieller Bindung kenne, daß
also die spiritistische Hypothese nicht auf einer „causa vera", im Sinne Newtons
ruhe, was aber, wie der Referent erwiderte, auch vom universellen überpersönlichen
Bewußtsein gilt. Der Referent regte, in der Debatte mit Sudre, die Frage
an, ob man nicht, um das ominöse Wort zu vermeiden, anstatt von „Spiritismus
" von Monadologismus sprechen könne. Dann würde der erwähnte
Gegensatz philosophisch auf den Gegensatz zwischen Spinoza und L e i b n i z
hinauskommen; Leibniz wäre philosophischer „Spiritist'*, weil er nämlich
Monadologist ist. Alle gaben wohl schließlich zu, daß der Spiritismus einerseits
nicht bewiesen, anderseits aber logisch möglich ist: die Abweichungen der Meinungen
bezogen sich auf seine wissenschaftliche Wahrscheinlichkeit
.
Die Schlußsitzung des Kongresses war geschäftlicher Art. Auf den Antrag
Baron Schrencks und des Referenten wurde beschlossen, bei künftigen Kongressen
nur Anwesende zu Wort kommen zu lassen, nicht aber, wae es diesmal geh
schehen war, die Manuskripte £ bwesender zu verlesen. Natürlich muß es für gewisse
Fälle — man dachte hier an Sir Oliver Lodge, den Nestor der Parapsychologie
— Ausnahmen geben dürfen. Es wurde sodann ein kleines internationales
Komitee für künftige Kongresse, als oberste Instanz für Fälle, in
denen die nationalen Komitees sich nicht einigen können, gewählt: Herr Vett
(Kopenhagen) als Begründer des Kongresses überhaupt, die Herren R i c h e t,
Sir Oliver Lodge und Driesch gehören ihm an, und dazu der erste Vorsitzende
des jeweilig nächsten Kongresses. Als Ort dieses Kongresses wurde auf
Einladung Dr. Tanagras, welcher als Präsident der griechischen psychischen
Gesellschaft in einer der Sitzungen interessante Mitteilungen über paranormale
Phänomene in seinem Vaterlande gemacht hatte, Athen gewählt, als Zeit das
Frühjahr 1930. Und auch schon der übernächste Kongreß wurde nach Ort und
Zeit festgelegt; er soll im Herbst 1932 in London stattfinden. In diesem Jahre
nämlich wird die englische Society für Psychical Research, die Mutter der wissenschaftlichen
Parapsychologie, die Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens begehen
.
Den Abschluß des Ganzen bildete ein abendliches Festessen in einem großen
Pariser Hotel, von etwa 120 Teilnehmern des Kongresses besucht. Hier kam in
den gehaltenen Reden so recht deutlich zum Ausdruck, daß Parapsychologie
nicht nur von in engerem Sinne theoretischer, sondern dazu von weltanschaulicher
und ethischer Bedeutung ist: die völkerverbindende und völkerversöhnende
Kraft höchster Wissenschaft ist selten so eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht
worden wie an diesem Abend.
Wir fassen zusammen und betonen zunächst noch einmal das hohe wissenschaftliche
Niveau des gesamten Kongresses: er war der Stätte, an der er ab-
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