http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0668
648 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1927.)
gehalten wurde, würdig. Und auch die Anordnung des Ganzen, wahrlich kein
leichtes Geschäft, war tadellos und wohlgelungen. Herzlicher Dank gebührt vor
allem dem Yater aller parapsychologischen Kongresse, Herrn V e 11, sowie dem
Herrn Dr. Osty, dem Direktor des Pariser metapsychischen Instituts, sowie
Herrn Quartier, seinem ersten Sekretär. Dank auch vor allem dem geistigen
Leiter, Prof. Ri c he t, und endlich jenem warmherzigen, so bescheiden zurücktretenden
Manne, Herrn Jean Meyer, welcher aus eigenen Mitteln das große
Pariser metapsychische Institut, das gleichsam den Kern des ganzen Kongresses
bildete und der fast alltägliche abendliche Treffpunkt der Mitglieder war, unterhält
. Dieses Institut ist, um in der amtlichen Sprache Frankreichs zu reden,
vom Staate „reconnu d'utilite publique", d. h. „anerkannt als von Nutzen für die
Gesamtheit". Möchten wir auch bald in Deutschland eine solche staatlich „anerkannte
" Förderungsanstalt der neuen und bedeutsamen Wissenschaft besitzen.
Weltanschauliches und Theoretisches.
Geheimnisse von Natur und Seele im Falle Konnersreuth
Neu bearbeitet und ergänzt nach einem Vortrag, gehalten am 25. Februar 1927
in der Münchener Gesellschaft für Parapsychologie.
Von Dr. phü. Joseph Boehm in Nürnberg.
Nach längerer Pause sind den bisher bekannt gewordenen 321 Fällen von
stigmatisierten Menschen in der letzten Zeit einige neue gefolgt. Der bemerkenswerteste
hiervon ist derjenige der Theresia Neumann in Ronnersreuth,
einem Dorfe der Oberpfalz in der Nähe der östlichen Grenze Bayerns gegen die
Tschechoslowakei. Die erste Veröffentlichung geschah Ende April 1926 seitens
des Konnersreuther Ortspfarrers Naber und soll, da die Von ihm geschilderten
Tatsachen bestätigt werden konnten, aus jener Veröffentlichung das Wesentliche
mitgeteilt werden.
Um irrige Auffassungen zu verhindern, bemerke ich ausdrücklich, daß ich
zwar Katholik, aber kein Theologe bin und mich aller in dessen Gebiet einschlägigen
Fragen enthalten werde. Für mich hat die Angelegenheit hier nur
Interne vom Standpunkt aes Forschers.
# Nach Pfarrer Nabers Mitteilung verhält sich der Fall folgendermaßen:
Das Mädchen Theresia ist 28 Jahre alt und die älteste Tochter des Schneider
- und Häuslerehepaares Neumann in Konnersreuth. Im Jahre 1918 zog es
sich bei einem Brandunglück eine Wirbelsäulenverletzung zu, wurde von
Krämpfen befallen, Lähmungserscheinungen mit Muskelzusammenziehung warfen
es aufs Krankenlager und 1919 trat Erblindung ein. Alle ärztliche Kunst
erwies sich diesem Zustande gegenüber als wirkungslos. Die Kranke lag 5% Jahre
lahm und 31/2 Jahre blind zu Bett, ohne mehr als eine kleine Schale Tee oder
Kaffee im Tag zu sich zu nehmen; eine feste Nahrung hat sie während dieser
Zeit nicht genossen. Am 29. April 1923, am Seligsprechungstage der heiligen
Theresie, wird sie wieder sehend; ihre anderen Leiden dauern fort. Am 17. Mai
1925 wird der Ortspfarrer zur Kranken gerufen. Hören wir, was er über seine
Erlebnisse erzählt:
Er trifft Theresia Neumann in sonderbarer Erregung an: sie hat den Blick
unverwandt auf ein Unsichtbares vor sich gerichtet, die Hände danach aus-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0668