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Boehm: Geheimnisse von Natur und Seele im Falle Konnersreuth. 649
gestreckt, das Gesicht verklärt. Der Geistliche sieht, wie sie mehrmals mit dem
Kopfe nickt, so, als ob sie mit jemandem spräche. Plötzlich setzt sie sich auf —
nach sechseinhalb Jahren zum erstenmal wieder, aber die Bewegung verursacht
ihr sichtbar starke körperliche Schmerzen. Da sie wieder zurückgesunken ist
in die Kissen und ruhig atmend liegt, fragt der Pfarrer, den sie nicht bemerkt
zu haben scheint, wo sie gewesen sei, worauf sie zu seiner Ueberraschung erklärt,
sie könne jetzt aufstehen und gehen. Ihre Mutter hebt die Decke des Bettes und
stellt fest, daß der linke Fuß der Kranken, der seit etwa einem Dreiviertel jähr
eng an den Leib gezogen gewesen war, sich wieder in normaler Lage befindet,
und Theresia verläßt, gestützt von ihrem Vater und einer Schwester, das Bett:
sie vermag die halbe Stube zu durchwandern, klagt dann aber über Müdigkeit.
Man bettet sie hin, und sie erzählt den Eltern und dem Priester, sie habe einte
Erscheinung gehabt und eine Stimme habe sie gefragt, ob sie gesund werden
wolle; es sei ihr gleich, habe sie geantwortet, so wie Gott es wolle, e& sei ihr
recht. Darauf habe die Stimme sie bedeutet, sie möge aufstehen, da*sie>wieder
gehen könne; sie werde jedoch noch vieles Leid ertragen müssen, ohne daß ein
Arzt ihr helfen könne, aber sie möge nicht verzagen. Von dieser Zeit an löst
sich die Lähmung, die Schmerzen nehmen immer mehr ab und die Kranke kann,
auf Stöcke gestützt, geben. Am 3o. September, dem Todestag der heiligein
Theresia, so erzählt der Ortsgeistliche weiter, hört das Mädchen abermals die
Stimme; sie verkündet ihm, Gotte wolle, daß es wieder frei gehen könne; die
Kranke verläßt das Bett und vermag nicht nur die kleine Stube zu durchwandern
, sondern die Treppe hinunterzusteigen und vor die Haustür zu treten.. .
Am 7. November 1925 wird sie wieder bettlägerig. Sie empfindet starke Schmerzen
und ist drei Tage hindurch so schwach, daß sie kein Auge öffnen kann.
Der herbeigerufene Arzt erklärt, es läge eine Blinddarmentzündung vor und die
Kranke müsse ungesäumt nach Waldsassen zur Operation, da er keine Verantwortung
für das Leben des Mädchens übernehmen könne. Während die Eltern
nach einem Fuhrwerk laufen, mit dem sie ihr Kind nach Waldsassen bringen
wollen, richtet sich die Kranke im Bett auf und erklärt einer Schwester, ihre
Schutzpatronin sei bei ihr gewesen und habe ihr gesagt, sie möge zur Kirche
gehen und sich für ihre Heilung bedanken. Aller Schmerz ist verschwunden,
die Eiterungen gehen in der Nacht ab und am anderen Tag gehl Theresia Neumann
im Ort spazieren ...
Im Fasching 1926 wird sie neuerdings bettlägerig. Die Augen beginnen
zu bluten, ihr Zustand verschlimmert sich zusehends. Am Karfreitag
fließt das Blut aus ihren Augen in zwei schmalen Streifen über ihre Wangen,
und sie ist fahl wie eine Sterbende. Um drei Uhr, der Todesstunde des Heilands,
ringt sie in furchtbaren Todesqualen. Später wird sie ruhiger und verbringt
schlafend die Nacht. Am Morgen sickert aus dem rechten Ohr Blut und Eiter.
In der Nacht zum Ostersonntag schläft sie gut, und am Ostermontag beginnt
auch für sie ein neues Leben. In den Qualen des Karfreitags hat sie den Leidensweg
des Heilands vom Oelberg bis zum Kalvarienberg vor sich gesehen,
und da geschieht Sonderbares: sie erklärt, an der Oberseite der Hände und Füße
starke Schmerzen zu verspüren, und da man nachsieht, zeigt es sich, daß Theresia
Neumann an beiden Händen und Füßen rundliche, offene Wunden hat, au«
denen Blut fließt. In der Herzgegend der Kranken befindet sich eine längliche
Wunde, aus welcher zeitweise ebenfalls das Blut hervorsickert. Es ist das getreue
Abbild der Wunden des gekreuzigten Heilands...
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