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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0670
650 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1927.)

Der Originalbericht Nabers ist abgedruckt in Nr. 99 der Prager „Deutschen
Presse" vom 29. April 1926.

Ich selbst weilte zweimal in Konnersreuth, das letztemal zusammen mit
zwei Professoren der Universität Erlangen, einem Mediziner und einem Biologen
, dem Assistenten des ersteren und einem Gymnasialprofessor für Naturwissenschaft
aus Bamberg. In liebenswürdiger Weise war uns während der Zeit
unserer Beobachtungen am Donnerstag, den 6. Januar, nachmittags und am Freitag
, den 7. Januar, von morgens 1/27 bis 1/22 Uhr nachmittags Pfarrer Naber in
entgegenkommender Weise, aber ohne uns irgendwie zu beeinflussen, behilflich,
ja wir konnten, nachdem der Zutritt für andere Besucher zeitweise ganz gesperrt
wurde, nach jeder Richtung uns Einblick in die Vorgänge verschaffen.

Am Nachmittag des Donnerstags sprach die wache Resl über zwei Stunden
ununterbrochen mit uns und erzählte den ganzen Verlauf ihrer Erlebnisse von
Beginn des Unfalles beim Brande bis zu den Visionen am vergangenen Freitag.
Wenn sie nämlich wach ist, unterhält sie sich wie jedes andere Menschenkind
ihres Bildungsgrades, wobei sie ein im allgemeinen munteres, menschenfreundliches
, aufrichtiges und gutmütiges Wesen erkennen läßt. Wie uns der Pfarrer
am kommenden Morgen um 6 Uhr erzählte, haben die Ekstasen und das Bluten
aus den Augen bereits nach zwölf Uhr nachts eingesetzt, zu welcher Zeit er
sie auf dem Nachhausewege von einer Sitzung noch besucht habe.

Ich selbst begann meine Beobachtungen früh um 1/27 Uhr. Zu dieser Zeit
lag Resl zu Bett mit einem weißen Kopftuch angetan. Das Bewußtsein war ein-
geengt, sie schien wohl das Eintreten ins Zimmer zu bemerken und auch zu er-
kennen, ob ihre Eltern oder der Pfarrer anwesend sind, aber sonst zeigte sie
keine Teilnahme an Vorgängen in ihrer Umgebung. Ihr Gesicht war total verändert
gegenüber dem Vortag, sie schien um mindestens 20 Jahre älter. Bei
allen Persönlichkeitsspaltungen formen sich die Gesichtszüge entsprechend den
unterbewußt herrschenden traumhaften Bildern. Aus beiden Augenlidspalten
lief langsam eine rote, rasch auf den Wangen eintrocknende Flüssigkeit in rechts
zwei, links drei schmalen Rinnen herab. Das untere Ende derselben befand sich
ungefähr in 'der Höhe der Mundwinkel. Teils drang die Flüssigkeit aus den inne-
ren, teils aus den äußeren Augenwinkeln hervor. Plötzlich richtete sich Resl auf,
und zwar saß sie jetzt nicht wie wir beim Sitzen mit den Schenkeln wagrecht
dem Oberkörper vollständig senkrecht, sondern der Oberkörper bildete mit den
gestreckten Schenkeln etwa einen Winkel von 60 Grad. In dieser schwierigen
Stellung verharrte sie während jeder Ekstase, um nach Beendigung derselben
wieder in die Rückenlage zurückzukehren.

Man kann drei verschiedene B ewüß tseinsstuf en feststellen
, nämlich das vollkommene Wachsein, das während der meist drei bis
sieben Minuten dauernden Ekstasen und der eine Stunde anhaltenden Schlußekstase
mit der Kreuzigungsszene vollständig abgeschaltete Wachbewußtsein und
den zwischen den Ekstasen liegenden weniger eingeengten Bewußtseinszustand
(„Zwischenzustand"). Während des letzteren gibt sie auf Fragen Antwort, und
zwar nach Art eines etwa vierjährigen Kindes ihrer Heimat. Alles was während
ihres Lebens nach dieser Kinderzeit in ihr Bewußtsein gelangt ist, scheint vollständig
vergessen. Was sie während ihrer Erziehung und des Schulbesuches
gelernt hat, weiß sie nicht. Sie kann nicht zählen, versteht die Wortbegriffe
Kirche, Uhr, Konnersreuth, Karfreitag, Hauptmann, Kreuz, Lanze, Nagel,
Würfel usw. nicht, kennt keine Namen, wie Johannes, Magdalena usw. Ihren

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