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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0683
Boe'hm: Geheimnisse von Natur und Seele im Falle Konnersreuth. 663

Die Frage, auf welche Weise Resl in der Ekstase Kenntnis von dem Inhalt
des Gebetbuches bzw. des Berichtes von Brentano erhält, läßt sich vom psvcho-
logischen oder vom parapsychologischen. Standpunkt aus beantworten.

Möglichkeit i: Resl hat in ihrer Kinder- oder Jugendzeit, spätestens
aber vor Ostern 1926 Gelegenheit gehabt, das Buch selbst zu lesen oder in einem
Zustande der Bewußtseinsabdämpfung, z. B. im Halbschlaf, gehört, wie aus ihm
vorgelesen wurde. Die Eindrücke blieben latent, bis wieder ein Zustand der Be-
wußtseinseinengung, z. B. eine Ekstase, eintritt. Diese Möglichkeit einer normalen
Wahrnehmung muß einwandfrei ausgeschlossen werden können, wenn
eine der folgenden Deutungen herangezogen werden soll.

Möglichkeit 2: Resl „schaut" in die Vergangenheit zurück und rekonstruiert
unbewußt die Geschehnisse, wie sie sich vor 2000 Jahren tatsächlich abgespielt
haben. Der Inhalt der Betrachtungen kann aber nicht ohne weiteres
als der Wirklichkeit entsprechend erklärt werden. Eine Ergänzung des Evangelientextes
nach den Visionen vorzunehmen, wie es schon von mancher Seite
gedacht worden ist, wäre sehr gewagt. In der Regel genügt es für eine solche
„Rückschau", wenn sich der Erfühlende auf irgend etwas stofflich oder
gedanklich, örtlich oder zeitlich zur Person oder Sache Bezügliches konzentriert.
Das Erfühlen wird erleichtert, wenn das Geschehnis bereits in dem Bewußtsein
eines Menschen eine Rolle gespielt hat („Telepathie").

Möglichkeit 3: Es liegt einer der selten auftretenden sog. „Buchteste
" vor. Diese bestehen darin, daß eine hierfür geeignete Person „hellsehend
" im Wortlaut oder dem Sinne nach einen Teil des Inhaltes eines bestimmten
Buches angibt, welches sie nie gesehen hat und überhaupt nicht kennt,
auch die während des Mitteilens der Inhaltstellen Anwesenden haben keine
Kenntnis von dem Buche. Besondere Studien hierüber finden sich in den
Proceedings der „Society for Psychical Research" in London. Das Vorkommon
derartigen „außersinnlichen Herauslesens" kann ich auf Grund eigenen Erlebens
bestätigen. *

Die Gabe, das innere Wesen und die Gesinnung eines anderen Menschen
ohne Vermittlung durch die Sinne zu erfühlen („Kardiognosia"), besaßen, wie
Fr. Heiler schreibt, viele der christlichen und buddhistischen Frommen. Auch
von Katharina Emmerich berichtet Brentano, daß sie besondere Gaben und
Eigenschaften besaß und dazu wohl der Umstand beitrage, „daß in ihren
Vaterlande (Westfalen) ein gewisser Grad prophetischer Sehergabe nicht seltei
ist. Es gibt dort hin und wieder sogenannte Gicker, d. h. Seher (Gucker, plattdeutsch
Gicker), die Sterbefälle, Hochzeiten, Truppenzüge und dgl. in Bildern,
sog. Vorgeschichten, voraussehen, für deren Richtigkeit manches Eintreffen
zeugt." Auch hat sie in einem Fall die äußeren Krankheitserscheinungen einer
Person vollständig miterlebt, ohne daß sie auf gewöhnlichem Wege hiervon
Kenntnis bekommen hat.

In allen drei möglichen Fällen kann es geschehen, daß die eigene schöpferische
Phantasie der Resl in Konnersreuth unbewußt und ungewollt manche
Szene noch weiter ausschmückt oder ändert.

Es ist jetzt die Aufgabe, durch vorurteilsfreie Nachforschungen und eingehende
Vergleiche festzustellen, welche der Deutungsmöglichkeiten in Betracht
kommt, die psychologische oder eine der parapsychologischen.

Betonen möchte ich noch, daß alle mit dem „Seelischen Erfühlen" in hohem


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