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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0692
672 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1927.)

den letzten Jahren To-Rama und Tahra-Bey — sich mit unsterilen Instrumenten
Wunden beibrachten. Auch sie zogen sich, im allgemeinen wenigstens,
keine Infektion zu. Es scheint demnach eine Eigenart von Wunden, die unter
bestimmten psychischen Bedingungen entstehen und von diesen abhängen, zu
sein, nicht zuVlnfektion ,u negsn Genaueres über die** Zusammenhang wi»-
sen wir heute noch nicht*). Das schnellere Verheilen einer Wunde — wie weit
der Verlauf tatsächlich vom normalen abwich, ist fachmännisch nicht festgestellt
— kann als prinzipiell möglich unter Berücksichtigung der besonderen
psychischen Gegebenheiten angesehen werden. Dagegen würde ein längeres.
Fasten — (auch schon ein vierzehntägiges, wie es gut kontrolliert sein soll —
ohne Gewichtsabnahme und überhaupt ein jahrelanges Leben fast ohne
Nahrung — den Rahmen der naturwissenschaftlichen Möglichkeiten sprengen.

Versuchen wir nun tiefer in den Fall einzudringen, indem wir ihn psy-
choanalytisch beleuchten. Wer hier folgen will, muß natürlich die auf Erfahrung
aufgebauten Grundannahmen der Psychoanalyse gelten lassen, also das
Unbewußte, in dem Triebe und Ichstrebungen einander widerstreiten, die Verdrängung
, die Mechanismen unbewußten seelischen Geschehens und vor allem
die Symbollehre und den besonderen Begriff der Sexualität. Es ist ferner das
Wesen psychoanalytischer Betrachtung, den Hauptakzent auf die unbewußten
Motive zu legen. — Die Krankheiten der Therese erscheinen psychoanalytisch
als sogenannte Konversionssymptome. Diese entstehen, indem verdrängte
affektbetonte Wünsche auf das System „Körper" umgeschaltet, konvertiert
werden und sich hier einen ihrem Streben gemäßen Ausdruck verschaffen.
Zittert z. B. jemandem bei einer bestimmten Tätigkeit die Hand, so will er etwa
unbewußt die Handlung nicht ausführen. — Im einzelnen Fall erschließen sich
oft wichtige Einblicke, wenn man den Beginn der neurotischen Erkrankung
genau analysiert2). Bei den Löscharbeiten des Brandes empfindet Therese plötzlich
einen Rückenschmerz, und ein Kübel mit Wasser fällt ihr aus der Hand.
Mit großer Wahrscheinlichkeit muß man diesen Schmerz als neurotisches
Symptom ansehen und das unwillkürliche Fallenlassen des Eimers als eine Fehlleistung
»). Welches war nun der Sinn des Schmerzes und der Fehlleistung?
Der ganze Erlebniszusammenhang ergibt eine Deutungsmöglichkeit4). Sie
erlebte einen Brand. Nach psychoanalytischen Erfahrungen ist ein Brand ein
^ Symbol für ein gewaltsames Hervorbrechen verdrängter sexueller Libido. In
zwei Fällen konnte ich die Flammensymbolik gut studieren. Ein Patient sah
sich, wenn er als Knabe Flammenschnitzereien auf Möbeln betrachtete, von
Flammen umgeben und bekam einen Angstzustand, d. h. die aufsteigende
Libido wandelte sich, wie so oft. in Angst um. Diesen Mechanismus kennt fast
jeder Mensch aus seiner Pubertätszeit. — Eine Patientin, die ihre Libido gleichfalls
besonders stark verdrängte, hatte mitunter Flammenträume und -phantasien.

*) Tahra-Bey behauptete, durch willkürliche Temperaturerhöhungen seines
Körpers alle Keime abtöten zu können.

*) Ich verweise auf die zitierte Stelle.

3) Von der Oberfläche aus betrachtet, ergeben sich viele andere möglichen
Verknüpfungen, doch wir wollen ja psychoanalytisch vorgehen.

4) Allgemein sei bemerkt, daß Deuftungen, die sich nicht auf die Einzelergebnisse
eines analytischen Prozesses stützen, natürlich nicht die gleiche Sicherheit
haben wie die in analytischen Verfahren sich ergebenden.


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