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Sichler: Ueber magische Tricks u. die Nachahmung okkulter Phänomene. 683
Aus demselben Grunde werden Hilfsapparate, die ausschließlich dem Handgebrauch
dienen oder in der Hand verborgen bleiben, fleischfarben bemalt
und Kartenblätler, sowie Tafel- und Rahmencinlagen, die auf Zeitungen abgelegt
werden, auf ihrer Rückseite mit Zeitungspapier beklebt, wo sie selbst auf
kurze Distanz kaum mehr wahrzunehmen sind.
Eine listige Deckung ist es auch, die Lehne eines Rohrstuhles auf der Rückseite
mit demselben Stoffe zu bespannen, mit dem die hinter dem Sluhle
stehende spanische Wand tapeziert ist. Der ahnungslose Zuschauer glaubt durch
die Stuhllehne hindurch zu sehen und die hinter ihr verborgenen Gegenstände
bleiben unbemerkt. — Hierher gehören auch die Effekte mittels Spiegelvorrichtungen
. Eine derartige interessante Illusion ist der sprechende menschliche
Kopf, der in einem auf den Tisch gestellten Kasten erscheint. Meist wird
/u diesem unheimlich wirkenden Schaustück ein dreibeiniger Tisch benutzt,
/wischen dessen, dem Publikum zunächst stehenden Bein und den beiden andern
nach hinten stehenden Beinen je eine Spiegelscheibe eingelegt ist. Hinter den
Spiegeln, unter dem Tisch befindet sich die Person, deren Kopf durch eine
Tischklappe hindurch nachher im Kasten erscheint. Infolge Spiegelung der
Tapezierung der Kulisse, die mit jenei des Hintergrundes identisch ist, glauben
die Zuschauer unter den Tisch hindurchzusehen und es daher mit einem
lebenden Kopf ohne Körper zu tun zu haben.
Auf dem Prinzip der ii hereinstimmenden Farbe, d. h. im besonderen, daß
schwarz auf schwarz in gewisser Distanz nicht unterschieden wird, beruht die sog.
schwarze Kunst, mittels der die verwegensten Dinge ausgeführt werden können. —
Die Bühne des Zauberers ist bei diesen Vorführungen vollständig mit schwarzem
Sammet austapeziert. Boden, Seiten wände, Hintergrund, Decke, alles ist schwarz.
Der Künstler tritt in einem hellen, orientalischen Kostüm auf, läßt, seinen weißen
Zauberstab schwingend, Gegenstände plötzlich erscheinen, durch die Luft schweben
, sich verwandeln und wieder verschwinden. Alle diese „Wunder" vollführt
jedoch der vom Kopf bis zu den Füßen in ein schwarzes Sammetkostüm gekleidete
Gehilfe. Dieses Kostüm, das nur für die Augen zwei schmale Schlitze offen läßt,
hinter die überdies, um das Glänzen der Augen zu verdecken, ein dünner schwarzer
Schleier genäht ist, bewirkt, daß vom Helfer keine Spur wahrgenommen werden
kann. Die Apparate, die in möglichst heller Farbe hergestellt sind, werden durch
Sammetkappen den Blicken der Zuschauer entzogen und durch schnelles Abziehen
derselben sichtbar gemacht. Die Apparate und der im heilen Kleide auftretende
und von vorn mit helleuchtenden Lampen bestrahlte Magier allein heben sich vom
dunklen Räume deutlich ab. Die Gegenstände verschwinden sofort wieder, wenn
der unsichtbare Gehilfe die Sammetkappe, die hier zur eigentlichen Tarnkappe
wird, darüber deckt oder eine mit gleichem Stoff bespannte Soffite vorschiebt.
(Nach F. Hügli).
Ebenso wichtig wie die Deckung ist die Ablenkung. Niemals darf der
Vorführende während der Ausführung der geheimen Manipulationen etwa die
Blicke auf die agierende Hand lenken, denn dadurch würde er den Zuschauer
selbst auf den Trick aufmerksam machen und denselben möglicherweise verraten
, selbst wenn er ihn noch so gut auszuführen verstünde. Die geheime Ausführung
eines Tricks und das ganze übrige Verhalten des Vorführenden müssen
ganz unabhängig voneinander vorsichgehen bzw. die Aufmerksamkeit des Zuschauers
muß von den geheimen Manipulationen auf Nebensächliches abgelenkt
werden. Derjenige, dem es gelingt, die Blicke seiner Zuschauer dorthin
zu lenken, wo er sie haben will, hat schon die halbe Arbeit getan. Dies wrird
hauptsächlich erreicht durch einen witzigen Vortrag verbunden mit einem beweglichen
Wesen und einer schauspielerischen Geschicklichkeit des Künstlers.
Als besondere Kinkerlitzchen seien etwa erwähnt: das Manipulieren mit dem
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