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Gedankenaustausch zwischen Lebenden und Toten.
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Gedankenaustausch zwischen Lebenden und Toten.
Der Kongreß der englischen Naturforscher, die dieser Tage in der Stadt
Leeds ihre Beratungen abhielten, brachte eine überraschende Sensation. Die
British Association, diese angesehenste Gelehrtenkörperschaft Englands, deren
Mitglieder, wie alljährlich, in Leeds über die letzten Fortschritte der Naturforschung
berieten, machte sich in allen Formen die Auffassung zu eigen, daß es
eine übersmnliche Geisterwelt in irgendeiner Form geben müsse und daß die Gedanken
, die Vorstellungen, kurz jenes Etwas, was man Seele des Menschen nennt,
den körperlichen Tod überdauern müsse.
Die große Bedeutung der Tatsache, daß die Versammlung der angesehensten
Forscher dieser Auffassung im großen und ganzen zustimmte, wird einem klar,
wenn man die Abneigung der meisten Naturforscher in Betracht zieht, diesiem
Problem überhaupt näher zu treten und es als ein Gebiet der wissenschaftlichen
Forschung zu betrachten. Den Anlaß zu der erwähnten Stellungnahme der
British Association bot ein aufsehenerregender Vortrag des englischen Psychologen
Dr. T. W. Mitchell, der sich seil vielen Jahren mit okkulten Versuchen
befaßt. Dr. Mitchell wies darauf hin, es gehe aus unzähligen Experimenten hervor
, daß Medien im Trancezustand solche Dinge erfahren haben, die ihnen unmöglich
von einem lebenden Menschen mitgeteilt werden konnten. Wenn nun
der Beweis gelingt — und dies war tatsächlich wiederholt der Fall —, daß diese
Kenntnisse nur aus der Vorstellungswelt von Menschen, die bereits gestorben
sind, herrühren können, so muß angenommen werden, daß die Gedankenwelt
der Verstorbenen in irgendeiner Form weiter bestehen bleibe, und daß sie als
Quelle von Kenntnissen und Informationen lebenden Menschen von besonderer
Sensibilität, wie die Medien es sind, auch weiterhin zugänglich ist.
Der Vortrag Dr. Mitchells führte den Titel: „Medien im Trancezustand".
In seinen einleitenden Worten betonte Dr. Mitchell, daß die Erforschung der
übersinnlichen Erscheinungen in den letzten Jahrzehnten infolge Betrügereien gewissenloser
Personen sehr viel gelitten hatte. Eine große Anzahl von Versuchen,
die unter den sorgfältigsten Kontrollbedingungen durchgeführt worden sind,
zeitigten jedoch Ergebnisse, die nicht mehr bezweifelt werden können.
Eine Londoner Kristallseherin, habe z. B. in vier Fällen, mit allen (wünschenswerten
Einzelheiten, angegeben, wo die Leichen von vier vermißten englischen
Offizieren, die an der französisch-deutschen Front spurlos verschwunden
waren und deren Schicksal niemandem bekannt war, zu suchen seien. Es wurden
Nachforschungen gepflogen, und die vier Leichen wurden genau dort, wo die
Kristallseherin sie in ihrer Vision gesehen hatte, tatsächlich aufgefunden und in
einer jeden Zweifel ausschließenden Weise agnosziert.
Woher hatte nun die Hellseherin ihr mysteriöses Wissen um das Schicksal
und um die Ruhestätte der vier Vermißten? Diese waren im Jahre 1916 von der
Bombe eines feindlichen Flugzeuges auf einem vorgeschobenen und gänzlich
isolierten Posten getötet worden. Keiner der wenigen Soldaten, die, außer den
vier Offizieren, sich auf diesem Posten befanden entging dem Tode. Niemand
wußte um das Schicksal der Gefallenen, die von deutschen Soldaten in einem
Massengrab mit deutschen Opfern eines Feuergefechts bestattet wurden. Bevor
nun die Londoner Hellseherin im Jahre 1921 über das Schicksal und den Ort des
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