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702_Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1927.)
ser sehr wohl kennt und wo er sich von einer ganzen Stadt, in der seit der kurzen
Zeit seit 1756 doch die meisten Augenzeugen noch leben, hat vollständig belehren
können."
Auf den ersten Blick scheint es, als ob an dem, was Kant berichtet, nicht zu
rütteln sei, und es ist durchaus zu verstehen, wenn von manchen Autoren der Bericht
als sicher beglaubigt angesehen wird, besonders mit Rücksicht darauf, daß
er doch von einem sonst so kritischen und vorsichtigen Berichterstatter wie Kant
erstattet worden ist. Bei näherer Nachprüfung findet man aber an der Geschichte
«inen sehr wunden Punkt, der begründete Zweifel an dem wissenschaftlichen Wert
des Beispiels aufkommen lassen muß. Zunächst hat Kant sich einzig und allein
auf die Glaubwürdigkeit seines Freundes, der ihm Bericht erstattet und die Tatsachen
angeblich untersucht hat, verlassen. Wenn wir nun auch mit K a n t an der
Wahrheitsliebe dieses Herrn nicht zweifeln wollen: Mit der Genauigkeit seiner
Berichterstattung ist es aber nur schwach besteilt. Wenigtens in betreff der Zeitumstände
herrscht ein völliges Durcheinander. Kant ist nicht einmal über die
Jahreszahl des Brandes genau orientiert: In dem Briefe setzt er das Jahr 1756, in
den „Träumen" das richtige Jahr 1759 an. (Der Brand fand am 19. Juli 1759 statt.
Vgl. a. a. O. die Vorrede des Herausgebers, Seite XXIX.) Auch seine Angaben
über den Monat sind ungenau und widersprechend. In dem Briefe heißt es: „Es
war im Jahre 1756 .....gegen Ende des Septembermonats," in den „Träumen"
dagegen: „Es war, wo ich recht berichtet bin, gegen das Ende des 1759sten
Jahres." Ein genauer Monatstag wird überhaupt nicht angegeben. Dagegen wird
in dem Briefe der Wochentag angegeben als ein S o n n a b e n d. Es ist mir nicht
bekannt, ob diese Angabe in der bisherigen Literatur überhaupt schon einmal nachgeprüft
worden ist. Rechnet man aber nach, auf was für einen Wochentag der
19. Juli 1759 gefallen ist, so findet man, daß dies gar kein Sonnabend, sondern
<ein Donnerstag gewesen ist. Der 19. Juli 1756 war ein Sonntag, so daß
nicht einmal für dieses von Kant fälschlich angegebene Jahr der Wochentag stimmen
würde. In den Zeitangaben herrscht also in jeder Hinsicht ein wüstes Durcheinander
! Daß die wissenschaftliche Genauigkeit des übrigen Berichtes
nunmehr auch nicht allzu hoch mehr eingeschätzt werden darf, erscheint danach
wohl nicht mehr zweifelhaft. Der Bericht hat keinen objektiven, sondern nur
-einen subjektiven Wert, wenn man auch ruhig zugeben kann, daß die Wahrscheinlichkeit
der Tatsächlichkeit des Vorganges besteht.
Wir lesen in der „Berliner Börsenzeitung", Sonntag, den 25. September 1927,
Nr. 449 S. 16:
Teleplasma im 1 000 000-Volt-Laboratorium« In F r e i b e rg in Sachsen wurde
ein Versuchslaboratorium errichtet, in dem mit Stromstärken von einer Million
Volt expermentiert wird. Unter anderem werden in diesem Laboratorium
auch meteorologische Probleme studiert, so die Gewitterbildung, die Physik des
Blitzes usw. Künstlicher Nebel und Sturm vervollständigen die Experimentiermöglichkeiten
. Bei diesen Versuchen bemerkte man nun etwas Sonderbares, und
bezeugten nicht ernste Physiker die Erscheinungen, so hielte man sie für Humbug
oder Sinnentrug. Bei den Entladungen treten Bilder auf, die dem Teleplasma in
Form und Bewegung täuschend ähnlich sind. Teleplasma wird bekanntlich jene umstrittene
Absonderung aus den Körperhöhlen von Medien genannt, die sich zu
einer unförmigen Masse von Gesichtern, Händen oder ganzen Körpern formen,
sich geheimnisvoll bewegen und mählich in Nichts wieder zerrinnen. Solchen Materialisationen
, deren Bilder man aus den Werken Schrenck-Notzings kennt, gleichen
die Entladungsbilder des Millionen-Volt-Laboratoriums. Ob das ein Zufall
ist oder lebhafte Phantasie, die ja auch in Wolken alle möglichen Gestalten hineinzieht
, oder ob es sich um eine Gleichgesetzlichkeit hoher Energieentladungen
handelt, kann schon deswegen nicht beantwortet werden, weil die Natur des Tele-
plasmas — von Schwindelfälleti abgesehen — völlig unbekannt ist.
„Koimersreuth". Wir teilen unseren Lesern schon heute mit, daß wir im nächsten
Heft die Aufsätze über Konnersreuth fortsetzen werden, und daß außer einem
Philosophen auch ein bekannter Theologe das Wort ergreifen wird, um die grundsätzliche
Stellung der Kirche zu dieser Frage klarzulegen. Unsere sämtlichen Veröffentlichungen
werden in einer Broschüre gesammelt in kurzer Frist zu mäßigem
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